Der provokante Polit-Pensionär Thilo Sarrazin meldet sich wieder zu Wort. In einem Interview spricht er abfällig von „Tunten“. Die SPD ist empört, will aber möglichst schnell zur Tagesordnung übergehen.

Berlin - Eigentlich könnte Thilo Sarrazin, Pensionär und Millionär, einfach die Spätsommertage still vergnügt in seinem Berliner Garten verbringen. Aber das geht nicht. Denn dieser Genosse hat etwas zu sagen – notfalls mal nicht über „Kopftuchmädchen“ und notfalls auch einem unbedeutenden Magazin namens „Compact“. Diesmal beschäftigt sich Sarrazin mit „tüchtigen Tunten und gebärfaulen Akademikerinnen“.

 

Interviewt wurde er von einem Herrn namens Jürgen Elsässer, der früher mal Chefredakteur der linken Zeitung „Junge Welt“ war und irgendwann einen gewissen politischen Schwenk hinlegte. Nun gibt er dieses Magazin heraus, das im November in Leipzig eine Konferenz organisiert – mit dem Titel: „Werden Europas Völker abgeschafft? Familienfeindlichkeit, Geburtenabsturz, sexuelle Umerziehung.“ Ist doch klar, dass dabei Sarrazin, Autor von „Deutschland schafft sich ab“, nicht fehlen darf – genau wie die für ihr Lob des NS-Mutterbildes berühmte Nachrichtensprecherin Eva Herman. Vorab erklärt Sarrazin nun, dass der Begriff „Ehe“ für schwul-lesbische Paare im Vergleich zu Heterosexuellen fragwürdig sei. „Das ist ungefähr so, als würde man ein Faultier als Löwe bezeichnen.“ Der Staat dürfe nur unterstützen, was Kinder bringe – wegen der schlechten „Nettoreproduktionsrate“. Deutschland, so Sarrazin, wäre viel kinderreicher, wenn jedem die erste Auslandsreise nur bei Vorweisen eines eigenen Kindes erlaubt würde. Und weiter: Diese Kinder hätten die meisten Eigenschaften genetisch – weshalb Mädchen stets lieber mit Puppen spielen würden und Erziehung zu geschlechterunabhängiger Gleichberechtigung „lächerlich“ sei. Als der Interviewer erklärt, der Staat fördere „Jungs in rosa Kleidchen“, antwortet Sarrazin: „Vorsicht, auch die Tunte kann sehr tüchtig sein!“

Und die SPD? Die schäumt. Berlins Landeschef Jan Stöß empfahl dem Genossen, der NPD beizutreten. Insgeheim hoffen aber alle, dass der Schaum schnell und leise zerfallen möge. Schließlich ist Wahlkampf. Und wer will da schon eine Debatte darüber, ob Sarrazin aus der Partei ausgeschlossen werden muss. Darüber haben sich die Genossen schon einmal zerstritten. Am Ende blieb er drin. Um des lieben Friedens willen.