Im Sommer wird sie pensioniert

 

Gerlinde Kretschmann hat sich die Neugier bewahrt. "Ich will nicht wissen, was der Nachbar tut oder lässt." Nein, ihr geht es um Anregungen. "Es gibt so viel Interessantes auf der Welt. Kriegt man davon einen Zipfel zu fassen, ist das wunderbar."

Im Sommer wird sie pensioniert. Eigentlich wollte sie sich dann ihren Traum erfüllen: "Ich wollte anfangen zu reiten", sagt sie verschmitzt. Auch habe sie gedacht, sie könnte noch mal studieren. Dafür würde sie auch saftige Gebühren bezahlen. Die fände sie für ein Seniorenstudium politisch angebracht. Kunst würde sie interessieren. Nebenher hat sie schon Funkkollegs absolviert. Nicht nur im Haus in Laiz, auch an der Außenwand des Schopfs, wie man im Oberschwäbischen zur Scheune sagt, hängen Kunstwerke. Die sind von dem Stuttgarter Michael Mordo, dessen Mutter Elsbeth mit Winfried Kretschmann unter den ersten Grünen im Landtag war.

Als Gerlinde Kretschmann von ihren Plänen für den Ruhestand erzählt, unterbricht sie sich selbst mit einem Lachen: "Jo, jetzt ist es anders gekommen." Jetzt wird ihr Mann Ministerpräsident. Bei der tiefen Verwurzelung in Laiz überrascht es, dass die First Lady in spe erwägt, in die Dienstvilla des Regierungschefs auf der Solitude zu ziehen. "Ich würde das für vernünftig halten, wegen meines Mannes. Es ist doch jeden Abend was anderes. So muss er halt immer zwei Stunden heimfahren." Einer Grünen widersteht die Pendelei, was der Verwurzelung aber keinen Abbruch tut. Die Freunde vom Kirchenchor plädieren sehr für die Solitude. "Die sagen, da ziehst du hin, da können wir dich besuchen." Bei aller Rührigkeit plant Gerlinde Kretschmann eines nicht: "Ich fühle mich nicht als Landesmutter. Ich bin die Mutter meiner Kinder. Das bin ich liebend gerne. Aber Landesmutter, das wäre zu viel."

15 Jahre lang war sie aus vollem Herzen Stadträtin der Grünen in Sigmaringen, bis sie ihren Stuhl zugunsten eines Parteifreundes räumte, der im Fall ihrer erneuten Kandidatur keine Chance gehabt hätte. "Für mich war das total in Ordnung. Da war einer, dem war das sehr wichtig. Da muss man aufhören und sagen, jetzt bist du dran." Zwischendrin war sie fünf Jahre im Kreistag - als einzige Grüne. "Da kam ich mir vor wie ein Vollzeitpolitiker." Sie erinnert sich an die Zusammenarbeit mit der SPD so gerne wie Winfried Köpfer, der noch die SPD-Fraktion führt. "Gell Gerlinde, wir haben schon lange vorher Rot-Grün gemacht", sagte Köpfer, als er nach der Landtagswahl zum Gratulieren kam. Das hat sie gefreut.

Kretschmann ist eine emsige Person

Wenn die 63-Jährige heute aus Laiz in die Stadt Sigmaringen läuft, kommt sie an manchem Projekt vorbei, für das sie früher gekämpft hat. Sie, die sonst kaum eine Miene verzieht, verdreht die Augen, als sie vom Streit berichtet, ob der zwei Kilometer lange Abschnitt des internationalen Donauradwegs von Laiz nach Sigmaringen geteert werden sollte oder nicht. Jetzt ist er asphaltiert - wie sie es wollte - und er ist der wohl am stärksten frequentierte Weg zwischen der Kernstadt und dem Dorf.

Sie ist eine Person, die man als emsig beschreiben könnte. Während sie auf den Besuch wartet, schneidet Gerlinde Kretschmann die verblühten Osterglocken vor dem Haus ab. Selbst wenn sie mal vor dem Fernseher sitze, bleibe sie nicht untätig, sagt sie. Dann stricke sie. Allein in der Kirche hat die Katholikin drei Ehrenämter. Sie singt im Chor, und zwar schon länger als ihr Mann, betont sie schmunzelnd. Sie ist Lektorin und organisiert für das Katholische Bildungswerk Vorträge. Bis vor einem Jahr hat sie ihren Mann gelegentlich einspannen können für ein Referat über Religionen, Kirche und Staat. Auch die Tochter Irene, die in Schottland Lehrerin ist, musste auftreten. "Vor mir ist niemand sicher", scherzt sie. "Ich frage alle."

Mit der Akribie einer Lehrerin bereitet sie für den Albverein zwei Führungen im Jahr vor, läuft als Wanderführerin die Strecke vorher ab, wenn es sein muss, auch dreimal. Großen Wert legt die Enkelin eines Gastwirts auf eine regionale Beiz für die Rast. Wenn sie mal keine Veranstaltung auf die Beine stellt, besucht sie die der anderen. Die des hohenzollerischen Geschichtsvereins, beispielsweise, oder die im Staatsarchiv in Sigmaringen. "Es gibt keine Woche, wo ich nicht irgendwo hingehe." Ach ja, zweimal die Woche Fitness ist auch im Programm.

Reiten lernen oder studieren

Im Sommer wird sie pensioniert

Gerlinde Kretschmann hat sich die Neugier bewahrt. "Ich will nicht wissen, was der Nachbar tut oder lässt." Nein, ihr geht es um Anregungen. "Es gibt so viel Interessantes auf der Welt. Kriegt man davon einen Zipfel zu fassen, ist das wunderbar."

Im Sommer wird sie pensioniert. Eigentlich wollte sie sich dann ihren Traum erfüllen: "Ich wollte anfangen zu reiten", sagt sie verschmitzt. Auch habe sie gedacht, sie könnte noch mal studieren. Dafür würde sie auch saftige Gebühren bezahlen. Die fände sie für ein Seniorenstudium politisch angebracht. Kunst würde sie interessieren. Nebenher hat sie schon Funkkollegs absolviert. Nicht nur im Haus in Laiz, auch an der Außenwand des Schopfs, wie man im Oberschwäbischen zur Scheune sagt, hängen Kunstwerke. Die sind von dem Stuttgarter Michael Mordo, dessen Mutter Elsbeth mit Winfried Kretschmann unter den ersten Grünen im Landtag war.

Als Gerlinde Kretschmann von ihren Plänen für den Ruhestand erzählt, unterbricht sie sich selbst mit einem Lachen: "Jo, jetzt ist es anders gekommen." Jetzt wird ihr Mann Ministerpräsident. Bei der tiefen Verwurzelung in Laiz überrascht es, dass die First Lady in spe erwägt, in die Dienstvilla des Regierungschefs auf der Solitude zu ziehen. "Ich würde das für vernünftig halten, wegen meines Mannes. Es ist doch jeden Abend was anderes. So muss er halt immer zwei Stunden heimfahren." Einer Grünen widersteht die Pendelei, was der Verwurzelung aber keinen Abbruch tut. Die Freunde vom Kirchenchor plädieren sehr für die Solitude. "Die sagen, da ziehst du hin, da können wir dich besuchen." Bei aller Rührigkeit plant Gerlinde Kretschmann eines nicht: "Ich fühle mich nicht als Landesmutter. Ich bin die Mutter meiner Kinder. Das bin ich liebend gerne. Aber Landesmutter, das wäre zu viel."