Der östliche der vier geplanten Gebäudekomplexe in der Siemensstraße in Schmiden ist für die Anschlussunterbringung von Flüchtlingen gedacht.

Fellbach - Derzeit wächst noch ordentlich Gestrüpp auf jener großen Wiese an der nordwestlichen Ecke der Kreuzung Fellbacher Straße und Siemensstraße. Auf dem Areal werden jedoch vermutlich von Herbst 2017 an Baggerführer und Kranfahrer anrücken – wobei die Baumallee entlang der Straße stehenbleiben soll. Die Stadt Fellbach will dort nach dem Modell „Wohnen für alle“ günstigen Wohnraum schaffen. Der Gemeinderat votierte ohne Gegenstimmen für die europaweite Ausschreibung.

 

Gedacht ist dieses kleine Wohnquartier zum einen für anerkannte Flüchtlinge mit Bleiberecht, also in der sogenannten Anschlussunterbringung. Geschaffen werden soll dort andererseits günstiger Wohnraum – etwa mit einer Förderung über das Landeswohnraumprogramm oder durch vergünstigten Mietwohnungsbau. Realisiert werden sollen zum Dritten Wohnungen für den freien Wohnungsmarkt.

Auf dem Areal sind vier Gebäudekomplexe mit insgesamt 64 Wohneinheiten vorgesehen

Auf dem Areal sind vier Gebäudekomplexe mit insgesamt 64 Wohneinheiten sowie einer Tiefgarage vorgesehen. Das Gebäude Nummer 1, das östliche Haus zur Fellbacher Straße hin, umfasst 24 Wohneinheiten und ist gedacht für gut 60 Personen. Hier sollen die anerkannten Asylanten unterkommen. „Das Land bewilligte hierfür kürzlich im Rahmen des Förderprogramms ‚Wohnraum für Flüchtlinge’ einen Zuschuss von knapp einer Million Euro“, erläuterte Baubürgermeisterin Beatrice Soltys im Gemeinderat – konkret sind es 982 000 Euro. Der Zuschuss kann nur durch die Kommune gestellt, darf aber an den Investor weitergereicht werden. Bei den drei weiteren westlich gelegenen Häusern geht es um bezahlbaren Wohnraum – etwa durch die Förderung über das Landeswohnraumprogramm, oder es handelt sich um vergünstigten Mietwohnungsbau. Vorgesehen sind darin zudem Wohnungen für den freien Markt. Diese Kombination garantiert nach Soltys’ Einschätzung den erhofften „Quartiermix“ mit einer „integrativen Quartiersentwicklung“. Sprich: Durch die Verschiedenheit der Bewohner soll ein harmonisches Ganzes entstehen. Die Ergänzung mit einem Viertel bis maximal der Hälfte frei finanziertem Wohnraum sei „ein wichtiger Baustein für die positive Adressbildung“ und stütze wirtschaftlich die anderen Gebäudekomplexe.

Abgewickelt wird das Gesamtvorhaben voraussichtlich durch eine Investorengemeinschaft

Abgewickelt wird das Gesamtvorhaben voraussichtlich durch eine Investorengemeinschaft – sinnvollerweise durch ein Unternehmen mit einem sozialen Auftrag und der Erfahrung in der Umsetzung „von sozial durchmischten Quartieren“. Erforderlich ist ein EU-weites Ausschreibungsverfahren – dies soll „eine angemessene Verteilung des Risikos und der Kosten zwischen der Stadt Fellbach und dem ausgewählten Investor“ bescheren. Bewerber können ihre Unterlagen für den zweistufigen Teilnahmewettbewerb in den kommenden Wochen einreichen. Vergabe und Vertragsabschluss folgen im April 2017.

Damit dieses Vergabemanagement klappt, wird die Stuttgarter „Rechtsanwälte Menold Bezler Partnerschaft “ zwischengeschaltet. Immerhin seien ja „detaillierte und differenzierte Ausschreibungs- und Vergabebedingungen, umfangreiche Ausschreibungsunterlagen sowie komplexe Vertragsentwürfe einschließlich rechtlicher Absicherungselemente“ zu erarbeiten, so das Bauverwaltungs- und Bauordnungsamt. Die Gesamtkosten für die Umsetzung des Wettbewerbs liegen bei 175 000 Euro.

Fellbach sei nun mal ein teures Pflaster, erläuterte OB bereits im Februar

Dieses Projekt unter dem Motto „Wohnen für alle“ ist Bestandteil der Vorgabe, insbesondere für Einheimische mit geringerem Einkommen Wohnungen zu Verfügung zu stellen – damit nicht beispielsweise junge Familien in die billigere Provinz ziehen müssen. Fellbach sei nun mal ein teures Pflaster, erläuterte OB Christoph Palm bereits im Februar bei den ersten Beratungen zum Baugebiet an jenem „letzten städtebaulichen Quadranten“ an der Siemensstraße – im Flächennutzungsplan wurde dieses Areal bereits 2007 für die Wohnbebauung berücksichtigt. Palm verwies zudem auf die aktualisierte Planung für die nächsten fünf Jahre, statt der bisher anvisierten 100 neuen Wohnungen pro Jahr künftig rund 150 Einheiten anzustreben.

Im Gemeinderat gab es großteils Zustimmung. Ulrich Lenk, Fraktionschef der Freien Wähler/Freien Demokraten, zeigte sich zufrieden, dass „ein guter Mix, eine Mischstruktur“ angepeilt werde: „Wichtig ist die städtebauliche Qualität an dieser markanten Stelle in Fellbach.“ Gut sei zudem, „dass dort auch Eigentumswohnungen entstehen“. SPD-Fraktionschef Andreas Möhlmann ergänzte jedoch: „Wir bauen dort nicht im Hinterhof“, weshalb für dieses Wohngebiet besondere „städtebauliche Ansprüche“ gelten müssten.