Die deutsche Tochter des niederländischen Gebäudeausstatters Imtech hat Insolvenz beantragt – und sorgt damit für neue Schwierigkeiten bei der Fertigstellung des Hauptstadtflughafens BER.

Berlin - Nach der Pleite des Gebäudeausrüsters Imtech Deutschland wackelt der Starttermin für den Berliner Hauptstadtflughafen, kurz BER. Am Freitag sind Teile der Imtech-Belegschaft nicht mehr auf der Baustelle erschienen; die deutsche Tochtergesellschaft des niederländischen Imtech-Konzerns ist dort für Elektro-, Sanitär- und Lüftungsarbeiten zuständig. Ob und inwieweit der geplante Betriebsbeginn in der zweiten Jahreshälfte 2017 betroffen sei, werde eine Arbeitsgruppe bewerten, sagte Flughafen-Geschäftsführer Karsten Mühlenfeld.

 

Wie es auf der Baustelle in der neuen Woche weitergeht, ist offen. Das Sagen bei dem Gebäudeausrüster Imtech Deutschland, der in Deutschland etwa 4000 Mitarbeiter beschäftigt, hat nunmehr der vorläufige Insolvenzverwalter, Rechtsanwalt Peter Borchardt. Die Flughafengesellschaft hat als Kunde von Imtech nach Angaben des Bauexperten Andreas Schmieg, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Buchalik Brömmekamp in Düsseldorf, ein Sonderkündigungsrecht, so dass jedes einzelne Bauvorhaben auf den Prüfstand kommt. Fraglich sei, wie sich die Lieferanten von Imtech verhalten, da sie kein Geld verlieren wollten, sagte Schmieg.

Die genauen Gründe der Insolvenz sind noch unklar

Der Insolvenzantrag enthält keinen Hinweis auf die Gründe für die Zahlungsunfähigkeit. Bekannt ist, dass die niederländische Imtech-Mutter mit Sitz in Gouda finanzielle Sorgen hat und seit geraumer Zeit mit den Banken zu einer Kreditvereinbarung zu kommen versucht. Imtech Deutschland soll in den vergangenen beiden Jahren einen Verlust von 290 Millionen Euro erlitten haben. Deutschland-Geschäftsführer Felix Colsmann, habe „maximale Unterstützung“ bei der Weiterführung der Arbeiten zugesagt, teilte die Betreibergesellschaft Flughafen Berlin Brandenburg (FBB) mit. Colsmann hat sich aus dem Konzernvorstand zurückgezogen – angeblich, um möglichen Konflikten aus dem Weg zu gehen. Durch den Insolvenzantrag ist die Zahlung der Löhne und Gehälter bis Ende Oktober gesichert. „Alle Bauvorhaben der Imtech Deutschland sollen fortgeführt werden“, kündigte Insolvenzverwalter Borchardt an. „Ziel ist der langfristige Erhalt des Unternehmens und aller Arbeitsplätze.“ Der Rechtsanwalt will sich über das Wochenende einen ersten Überblick über das Unternehmen und dessen Töchter verschaffen.

Die Zusammenarbeit mit Imtech wurde in den letzten Monaten durch schwere Korruptionsvorwürfe belastet. Nach Angaben der Schwerpunkt-Staatsanwaltschaft für Wirtschaftskriminalität in Neuruppin sitzt ein ehemaliger Bereichsleiter des Flughafens seit Mai in Untersuchungshaft. Der Manager soll 150 000 Euro von Imtech kassiert haben, bevor er Nachforderungen der Firma von mehr als 60 Millionen Euro genehmigte. Auch der frühere Deutschland-Chef und ein Regionalleiter von Imtech stehen in diesem Zusammenhang unter dringendem Tatverdacht.

Imtech gilt als eine der wichtigsten Bauunternehmen am Flughafen. Trotz der Korruptionsvorwürfe hatte der FBB-Aufsichtsrat erst vor wenigen Monaten beschlossen, dem Ausrüster nicht zu kündigen und die Zusammenarbeit fortzusetzen. Imtech sollte gemeinsam mit Partnern die schweren Probleme beim Brandschutz im Terminal des Flughafens lösen, die seit Jahren die Eröffnung verhindern. Im Berliner Untersuchungsausschuss zu dem Skandalprojekt hatte der frühere FBB-Technikchef Horst Amann die Holländer als Schlüsselfirma für das Projekt bezeichnet. Ähnlich äußerte sich jetzt Mühlenfeld: „Imtech ist eine der wichtigsten Baufirmen für die BER-Baustelle.“

Brüssel sieht die Subventionen für das Projekt kritisch

Die Strategen kämpfen weiter mit vielen Problemen beim größten Bauprojekt Ostdeutschlands. Zwar haben der Bund und die beiden Länder Berlin und Brandenburg inzwischen eine weitere milliardenschwere Finanzspritze aus Steuermitteln für den Bau gesichert. Aber dagegen haben nun die gut organisierten Kritiker des umstrittenen Projekts bei der EU in Brüssel Beschwerde eingelegt. Die Protestbündnisse, die vor allem gegen den drohenden größeren Fluglärm kämpfen, kritisieren, dass Zuschüsse von insgesamt weiteren 2,6 Milliarden Euro gegen die Regeln für fairen Wettbewerb im EU-Binnenmarkt verstoßen. Auch in Brüssel sieht man die Subventionen kritisch, die EU-Kommission prüft momentan die geplanten Auszahlungen.

Die reinen Baukosten für den Willy-Brandt-Airport, zu dessen ursprünglich 2012 geplanter Eröffnung schon Einladungen verschickt worden waren, sind inzwischen auf 5,4 Milliarden Euro gestiegen – mehr als das Doppelte der einst veranschlagten Summe. Der Betrag wird von der FBB mittlerweile auch offiziell veranschlagt. Dabei geht man von einer Kapazität von 27 Millionen Passagieren aus. Allerdings wurden bereits 2014 an den bestehenden Flughäfen Tegel und Schönefeld rund 28 Millionen Fluggäste abgefertigt. Die Erweiterungspläne wurden dennoch von der Politik vertagt, weil erst einmal die aktuellen Probleme mit der ersten Baustufe endlich gelöst werden sollen.