Nach langer Pause erscheint vom Mundartautor, Maler und Musiker Peter Schlack ein neuer Lyrikband. Der Künstler verarbeitet die Erinnerungen an seine Kindheit.

Lokales: Sybille Neth (sne)

Gablenberg - Sein Stadtteil ist das Zentrum der Welt: „Nördlich von Gablaberg“ hat Peter Schlack deshalb ein Kapitel in seinem neuen Mundart-Gedichtband betitelt. Es ist der erste Band nach 20 Jahren fast völliger Schreibabstinenz. Soeben ist er erschienen. Gerade rechtzeitig, denn demnächst wird es für den Maler, Dichter und Musiker wieder Zeit, aufzubrechen in die nördlichen Breitengrade. Das Sommerhalbjahr verbringt er in seinem Atelier in Finnland, der Heimat seiner Frau.

 

Schlack ist im Geiste ein Kosmopolit. In Mundart schreibt er, weil er sich darin am Besten ausdrücken kann, Heimattümelei ist ihm fremd. Stets hat er von seinem Geburtsort Gablenberg in die Welt hinausgeblickt. Nachdenklich bis kritisch ist seine Lyrik, aber auch voller Humor, bis zum gehobenen Nonsens. Schlack ist sprachverliebt, und so hat er auch seine eigene Art von schwäbischem Dadaismus kreiert: „S’gibt selle und selle und sotte und sotte“. Der Einfluss seines Vorbildes Ernst Jandl ist unverkennbar. Vertont hat Schlack seine Gedichte mit den Jazz-Musikern von Trio des Arts.

Autobiografische Notizen aus einer Gablenberger Kindheit

Das war einer der Höhepunkte in seiner Rolle als Mitbegründer der „neuen Mundart in Schwaben“. Mitte der 70er Jahre schloss sich Schlack dem Kreis um den Reutlinger Maler und Dichter Thomas Felder an. Dazu gehörten die Gebrüder Alex und Georg Köberlein, die zuerst mit ihrer Band „Schwoißfuaß“ und bis heute als „Grachmusikoff“ das Schwäbische rocken. Die zentrale Figur war der Mundartautor und Dialektpfleger Wilhelm König. Auch die Gedichte im Band „Gablenberga Gschichta“ sind Ende der 90er mit behutsamen Jazz-Klängen untermalt auf CD erschienen. Hier erzählt Schlack autobiografisch vom „Bua“ und dessen Kindheit im Gablenberg der Nachkriegszeit. Gewohnt hat er mit seiner Mutter und dem spät aus der Gefangenschaft heimgekehrten Vater in der Gablenberger Hauptstraße 21. „Das war eine enge Welt, gleichzeitig bedrohlich und beschützend. Heute ist das nicht mehr nachvollziehbar, dass man damals, wenn man auf dem Schulhof bei den Mädchen stand, schon als ‚Mädlesschmecker’ gegolten hat“, sagt Schlack. Die melancholischen Gedanken an die Enge des „Dorfes“ mit Scheune und Leiterwagen direkt an der Hauptstraße wechseln sich ab mit abenteuerlichen Erlebnissen beim Spielen und dem „Lägerle bauen“ in den Ruinen des Zweiten Weltkriegs. Die Gablenberga Gschichta sind heute ein Stück „Oral History“: Schlack erzählt vom Uhren-und Schmuckgeschäft „oben auf dem Berg“, vom ersten Fernseher, der in der Auslage des Radioladens flimmert und von der Inhaberin der Samenhandlung, wo im Frühjahr die Essensbeilagen der Familie in ihrer Urform eingekauft wurden.

Mit 13 Jahren entdeckte er die Gegenwelt. Schlack freundete sich mit einem Jungen aus der amerikanischen Garnison Pattonville an, wo die Frauen mit Lockenwicklern im Haar zum Einkaufen gingen. „Mein Freund Larry, der Ami“, schwärmt er. Die Freundschaft hielt ein Leben lang, bis Larry vor wenigen Jahren verstorben ist. Der Kontakt zu dessen großer Familie ist geblieben. Damals war Schlack häufiger in Pattonville als Zuhause und sprach so gut Englisch mit amerikanischem Akzent, dass er dort gar nicht mehr als Deutscher erkannt wurde.

Alles hat er sich selbst beigebracht

Jazzmusik und die Malerei waren seine beiden Leidenschaften, und aus der Malerei ist schließlich sein Beruf als Lithograf geworden. Der prägt Schlacks gestalterisches Schaffen bis heute, denn er arbeitet vorzugsweise mit Linoldrucken. „Ein Kunststudium wäre für mich als Kind aus einer Arbeiterfamilie undenkbar gewesen.“ Alles hat er sich selbst beigebracht und seine eigenwilligen Drucke sind in etlichen Ausstellungen zu sehen gewesen.

Ende der 60er Jahre, als seine Generation die Welt von Grund auf verbessern wollte, begann er Sozialpädagogik zu studieren. Malen, Schreiben und die Musik sind der Ausgleich für seinen Job als Drogenberater gewesen. 2004 ging er in den Ruhestand und ist seither produktiver denn je. Heute lebt er in Degerloch und die Welt „nördlich von Gablenberg“ ist ihm von dort aus ans Herz gewachsen. „Ich habe zwei Reisen auf die Lofoten gemacht“ und diese Landschaft bestimmt jetzt seine Drucke und Aquarelle auf altem abgenutztem Papier – und den neuen Gedichtband.

Info Peter Schlack, Aber heb mol an Luftzug, Silberburgverlag Tübingen, 2012. Eine Lesung mit Peter Schlack, begleitet von Musik, gibt es am 19. April, 20 Uhr, bei „Weinmusketier“, Julius-Hölder-Straße 29, Degerloch.