Nein, natürlich nicht. Und ja, klar: das Stuttgarter Schauspiel, das er von Hasko Weber übernehmen wird, ist eine größere Firma als das Gorki-Theater. Dort regiert Petras über 21 Schauspieler im Ensemble, hier könnten es vierzig sein; dort verfügt er über einen Jahresetat von zehn Millionen Euro, hier könnten es - auch wenn die exakten Zahlen wegen der Besonderheit des Dreispartenhauses schwer zu ermitteln sind - 25 Millionen sein. Petras wird Chef eines Betriebs, dessen personelles und finanzielles Volumen mehr als doppelt so groß ist wie im Gorki - ein enormer Sprung also, ökonomisch betrachtet, aber Petras ist Künstler genug, um sich nicht nur von hohen Etats in neue Häuser locken zu lassen. Da müssen schon noch andere Reize gesetzt werden.

 

Stuttgart, sagt der ins Sperrmüll-Ambiente gegossene Petras, setzt diese Reize. Abgesehen davon, dass eine gute Ausstattung die Basis für gute Arbeitsbedingungen ist, nennt der Intendant noch weitere Gründe für seinen Wechsel. Er freut sich auf die Konstellation in der Führungsetage der Staatstheater, also auf das Stuttgarter Modell, das die drei künstlerischen Intendanten gleichberechtigt neben den geschäftsführenden Intendanten setzt. Er freut sich darauf, in diesem einzigartigen Vierer-Modell mit großer Autonomie, aber doch aufgehoben im Kollektiv, arbeiten zu können. Und er freut sich auch auf Stuttgart selbst, auf diese Stadt, die ihm so fremd ist wie keine andere in Deutschland - und diese offen unerschrockene Diagnose wiederholt er auch jetzt, obwohl sie ihm schon viel Ärger eingebracht hat. Opportun ist das nicht, das weiß Petras: Als er kurz nach seiner Nominierung von dieser Fremdheitserfahrung sprach, galt das als Beweis für die Mesalliance, die sich in Stuttgart anzubahnen droht.

Je fremder, desto besser

Nun versucht er, das Missverständnis auszuräumen. "Wenn ich Berlin verlasse, werde ich sieben Jahre Intendant gewesen sein. Das reicht", erklärt Petras. Als überzeugter Vertreter des Stadttheaters brauche er für seine Arbeit jetzt eben einen anderen Ort. Und je fremder, desto besser, denn dann wachse die Reibungsfläche, ohne die er als Intendant, Regisseur und Autor nicht leben könne. Deshalb Stuttgart - und auch deshalb, weil er sich künftig nicht mehr (wie bisher) am Ost-West-Konflikt abarbeiten möchte, sondern an der Globalisierung. "Und das kann ich nirgends besser als im Schwabenland, wo die Exportweltmeister wohnen."

Dass er sich mit seinem vitalen Stadttheater an Themen reiben kann, die er für unerledigt hält, zeigt sich in Berlin fast Tag für Tag. Auf dem Spielplan des Gorkis stehen derzeit zwei Romanbearbeitungen, die sich mit Tätern und Opfern der Nazi-Zeit beschäftigen: Jonathan Littells "Die Wohlgesinnten" und Hans Falladas "Jeder stirbt für sich allein", beide mit starkem Berlin-Bezug. Obwohl dieser Doppelpack keine leichte Kost ist, strömen die Besucher in Scharen zu den Vorstellungen, Einführungen und Diskussionen. Das Haus brummt und ist dabei, wie man an allen Ecken und Enden sehen kann, offen und jung. Als Petras 2006 antrat, hatte das Theater eine Auslastung von 58 Prozent, jetzt liegt sie bei 90 Prozent. Und während damals das Durchschnittsalter der Besucher bei fünfzig lag, liegt es heute bei fast schon sensationellen 39 Jahren - das Stuttgarter Schauspiel kann davon nur träumen.

Nein, natürlich nicht. Und ja, klar: das Stuttgarter Schauspiel, das er von Hasko Weber übernehmen wird, ist eine größere Firma als das Gorki-Theater. Dort regiert Petras über 21 Schauspieler im Ensemble, hier könnten es vierzig sein; dort verfügt er über einen Jahresetat von zehn Millionen Euro, hier könnten es - auch wenn die exakten Zahlen wegen der Besonderheit des Dreispartenhauses schwer zu ermitteln sind - 25 Millionen sein. Petras wird Chef eines Betriebs, dessen personelles und finanzielles Volumen mehr als doppelt so groß ist wie im Gorki - ein enormer Sprung also, ökonomisch betrachtet, aber Petras ist Künstler genug, um sich nicht nur von hohen Etats in neue Häuser locken zu lassen. Da müssen schon noch andere Reize gesetzt werden.

Stuttgart, sagt der ins Sperrmüll-Ambiente gegossene Petras, setzt diese Reize. Abgesehen davon, dass eine gute Ausstattung die Basis für gute Arbeitsbedingungen ist, nennt der Intendant noch weitere Gründe für seinen Wechsel. Er freut sich auf die Konstellation in der Führungsetage der Staatstheater, also auf das Stuttgarter Modell, das die drei künstlerischen Intendanten gleichberechtigt neben den geschäftsführenden Intendanten setzt. Er freut sich darauf, in diesem einzigartigen Vierer-Modell mit großer Autonomie, aber doch aufgehoben im Kollektiv, arbeiten zu können. Und er freut sich auch auf Stuttgart selbst, auf diese Stadt, die ihm so fremd ist wie keine andere in Deutschland - und diese offen unerschrockene Diagnose wiederholt er auch jetzt, obwohl sie ihm schon viel Ärger eingebracht hat. Opportun ist das nicht, das weiß Petras: Als er kurz nach seiner Nominierung von dieser Fremdheitserfahrung sprach, galt das als Beweis für die Mesalliance, die sich in Stuttgart anzubahnen droht.

Je fremder, desto besser

Nun versucht er, das Missverständnis auszuräumen. "Wenn ich Berlin verlasse, werde ich sieben Jahre Intendant gewesen sein. Das reicht", erklärt Petras. Als überzeugter Vertreter des Stadttheaters brauche er für seine Arbeit jetzt eben einen anderen Ort. Und je fremder, desto besser, denn dann wachse die Reibungsfläche, ohne die er als Intendant, Regisseur und Autor nicht leben könne. Deshalb Stuttgart - und auch deshalb, weil er sich künftig nicht mehr (wie bisher) am Ost-West-Konflikt abarbeiten möchte, sondern an der Globalisierung. "Und das kann ich nirgends besser als im Schwabenland, wo die Exportweltmeister wohnen."

Dass er sich mit seinem vitalen Stadttheater an Themen reiben kann, die er für unerledigt hält, zeigt sich in Berlin fast Tag für Tag. Auf dem Spielplan des Gorkis stehen derzeit zwei Romanbearbeitungen, die sich mit Tätern und Opfern der Nazi-Zeit beschäftigen: Jonathan Littells "Die Wohlgesinnten" und Hans Falladas "Jeder stirbt für sich allein", beide mit starkem Berlin-Bezug. Obwohl dieser Doppelpack keine leichte Kost ist, strömen die Besucher in Scharen zu den Vorstellungen, Einführungen und Diskussionen. Das Haus brummt und ist dabei, wie man an allen Ecken und Enden sehen kann, offen und jung. Als Petras 2006 antrat, hatte das Theater eine Auslastung von 58 Prozent, jetzt liegt sie bei 90 Prozent. Und während damals das Durchschnittsalter der Besucher bei fünfzig lag, liegt es heute bei fast schon sensationellen 39 Jahren - das Stuttgarter Schauspiel kann davon nur träumen.

Armin Petras hat das Gorki wachgeküsst. Das Beste dabei: er hat dieses Kunststück geschafft, ohne sich beim Publikum anzubiedern. Im Gegenteil. Er fordert es mit ernsthaften Inszenierungen heraus. Da kann man schon verstehen, dass halb Berlin jetzt sauer ist auf Stuttgart.

Theaterchef als kritischer Zeitgenosse

Schmerz: Als Vertreter des engagierten Stadttheaters verfolgt Armin Petras kritisch die Baupolitik in Berlin. Dass überall Sandsteinfassaden hochgezogen werden, um die Geschichte der Stadt vergessen zu machen: dieser „Prozess der A-Historisierung“ missfällt ihm. Eben deshalb gehe er mit seinem Theater an die „Schmerzpunkte“ der Stadt.

Protest: An die „Schmerzpunkte“ will er auch in Stuttgart gehen. Dass er da am Streit über den Bahnhof nicht vorbeikommt, ist Petras klar: „Im S-21-Protest sehe ich das Bewusstsein aufleuchten, dass es etwas Wertvolles zu verteidigen gibt – und den Versuch der Bürger, sich den Staat zurückzuholen.“