Manteldesk: Thomas Schwarz (hsw)

„Über Juliana Blasius weiß man dagegen nicht so viel. Ich habe ihre Figur deshalb so angelegt, wie eine Frau gewesen sein muss, die damals unter den fahrenden Leuten auf der Straße lebte. Julchens Vater war ein Musikant, das ist gesichert, der zusammen mit seinen vier Töchtern in Gasthäusern oder auf Festen spielte.“ So lernt Juliana den Räuber kennen, der mit ein paar seiner Komplizen in einem Gasthaus sitzt, und sofort Eindruck auf den Teenager macht. „Warum sie sich ihm angeschlossen hat, darüber kann man nur spekulieren. Vielleicht war es Abenteuerlust, vielleicht wollte sie aus den Zwängen ausbrechen, die damals auf Frauen lagen.“

 

Doch mit Romantik hat das Leben auf der Straße nichts zu tun, das lernt die junge Frau schnell. Und dass ihr Geliebter ohne Skrupel Männer, Frauen und Kinder malträtiert, um an Beute zu kommen. Die Bande bricht bevorzugt in die Häuser reicher Juden ein, damit rechnend, dass diesen wegen des verbreiteten Antisemitismus kaum jemand zu Hilfe kommen wird. Der Überfall auf die Familie Wiener ist besonders roh. Julchen wird viele Jahre später versuchen, sich bei den Hinterbliebenen zu entschuldigen – vergeblich, zu stark ist deren Traumatisierung.

Gegen Schnaps Geschichten vom Geliebten erzählt

Aber auch der Räuber findet ein grässliches Ende. Zusammen mit seinen Spießgesellen wird er in Mainz mit dem Fallbeil hingerichtet. Ein Zuchthauswärter liest der gebrochenen Juliana hämisch die detaillierte Beschreibung aus der Zeitung vor. Die Frau, die bereits eine Tochter nach der Geburt verloren hat, muss zwei Jahre im Zuchthaus verbringen. Ihr Sohn kam kurz vor dem Prozess zur Welt, wurde ihr aber weggenommen. Der Richter vermittelt ihr nach der Entlassung eine Stelle im Haus der Zieheltern, unter der Bedingung, dass sie sich dem Kind nicht als Mutter zu erkennen gebe. „Der Richter hat es vielleicht gut gemeint, aber keine Ahnung davon gehabt, was er der Frau damit antut.“

Juliana kehrte in ihren Heimatort zurück und arbeitete in einem Wirtshaus. Dort war sie dafür bekannt, dass sie von ihrem geliebten Hannes zu schwärmen begann, wenn man ihr Schnaps ausgab.