Ein Expertengremium legt umfangreiche Empfehlungen zur reproduktiven Selbstbestimmung vor: Die Eizellspende könnte legal werden, Leihmutterschaft eher nicht.

Ein Jahr hat die von der Bundesregierung eingesetzte „Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin“ getagt. Am Montag hat sie ihren mit Spannung erwarteten Bericht vorgelegt, der nun Grundlage vieler weiterer Debatten sein wird. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

 

Warum wurde die Kommission überhaupt eingesetzt?

Das Regierungsbündnis aus SPD, Grünen und FDP hatte in ihrem Koalitionsvertrag festgelegt, dass eine Kommission drei Fragen klären sollte: Ist es sinnvoll, das Thema Abtreibung ganz aus dem Strafgesetzbuch herauszunehmen? Braucht es eine neue gesetzliche Regelung der Eizellenspende? Und braucht es auch eine Neubewertung des Themas Leihmutterschaft? Die Kommission bestand aus 18 Expertinnen und Experten unter anderem aus den Fachbereichen Medizin, Psychologie, Soziologie, Gesundheitswissenschaften, Ethik und Recht. Die Arbeitsgruppe, die über das Thema Abtreibung beriet, bestand ausschließlich aus Frauen.

Wie ist das Thema Abtreibung derzeit gesetzlich geregelt?

Abtreibung ist strafbar. „Wer eine Schwangerschaft abbricht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft“, heißt der erste Satz des §218. Jedoch bleibt der Abbruch bis zur zwölften Schwangerschaftswoche ohne Strafe, wenn er von einem Arzt durchgeführt wird und die Schwangere sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff hat beraten lassen. Nicht nur straffrei, sondern erlaubt ist eine Abtreibung bei schwerer Gefahr für Leben oder Gesundheit der Schwangeren. Das gilt auch für eine Abtreibung in den ersten zwölf Wochen, wenn die Schwangerschaft Ergebnis einer Vergewaltigung ist.

Was empfiehlt die Kommission zur Neuregelung des §218?

Die Kommission empfiehlt, dass Schwangerschaftsabbrüche in der Frühphase der Schwangerschaft, de facto in den ersten zwölf Wochen, künftig nicht nur straffrei, sondern rechtmäßig, also erlaubt sein sollen. In der mittleren Phase der Schwangerschaft – die Kommission spricht vom „Ende der frühen Schwangerschaftswochen bis zur Lebensfähigkeit des Fetus ex utero“, also außerhalb des Mutterleibs – stehe dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum zu, bis zu welchem Zeitpunkt er einen Schwangerschaftsabbruch erlaubt. Wenn der Gesetzgeber aber den Abbruch nach der zwölften Woche untersagt, müsse er Ausnahmen vorsehen und den Abbruch erlauben, wenn die Fortsetzung der Schwangerschaft für die Frau unzumutbar ist, etwa bei einer medizinischen Indikation.

Nach einer Vergewaltigung solle erwogen werden, die Frist für den Schwangerschaftsabbruch über die Dauer von zwölf Wochen seit der Empfängnis hinaus zu erlauben. In der Spätphase der Schwangerschaft sollte der Gesetzgeber den Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich nicht erlauben. Auch hier empfiehlt die Kommission Ausnahmen, etwa wenn die Fortsetzung der Schwangerschaft das Leben der Schwangeren gefährdet.

Was sagt die Kommission zur Eizellspende?

In der EU sind Eizellenspenden nur noch in Deutschland und Luxemburg verboten. Die Eizellspende könnte zum Beispiel Frauen helfen, die keine funktionsfähigen Eierstöcke mehr haben. Sie könnte auch von Frauen in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft praktiziert werden, die einen Kinderwunsch haben. Die Kommission hält die Begründung für das Verbot, nämlich das Ziel der Vermeidung „gespaltener Mutterschaft“, für „nicht mehr stichhaltig“.

Es gebe „keine so gravierenden Nachteile für das Kindeswohl“, dass ein pauschales Verbot heute noch gerechtfertigt wäre, sagte Professor Claudia Wiesemann bei der Vorstellung der Kommissionsempfehlung. Die Spende könne zugelassen werden, wenn schonende Techniken der Entnahme angewandt werden und die Spenderin Zugang zu unabhängiger Information erhält.

Was wird zum Thema Leihmutterschaft empfohlen?

Die Leihmutterschaft wird bei unerfülltem Kinderwunsch angestrebt, wenn eine Frau aus medizinischen Gründen nicht schwanger werden kann, aber auch wenn zwei männliche Partner eine Familie mit einem eigenen Kind gründen wollen. Hier ist die Kommission deutlich zurückhaltender und sagt, dass das gegenwärtige Verbot weiterhin begründet werden kann. Es liege im Ermessen des Gesetzgebers, am Verbot festzuhalten. Unter sehr engen Voraussetzungen wäre eine Legalisierung aber begründbar, etwa, wenn Leihmutter und Wunscheltern miteinander bekannt oder verwandt seien.

Was passiert jetzt?

Klar ist, dass es zum Thema der Neuregelung des §218 keine einheitliche Meinung in der Koalition gibt. Da all diese Fragen für die Abgeordneten Gewissensentscheidungen betreffen, wird es sicher keinen Gesetzentwurf der Regierung geben. Gut möglich, dass es erst einmal irgendwann eine offene Debatte im Bundestag geben wird, die ein Meinungsbild deutlich werden ließe. Es ist aber unwahrscheinlich, dass sich in dieser Wahlperiode am Abtreibungsrecht noch etwas verändern wird. Eher schon ist denkbar, dass die Regierung zur Frage der Eizellspende noch einen Vorschlag unterbreiten wird.