Finanzminister Nils Schmid will bi der Neuregelung der Erbschaftssteuer Unternehmen mit bis zu fünf Mitarbeitern vom Nachweis der Lohnsumme befreien. Die Bundesregierung plant restriktive Regelungen.

Berlin - Bund und Länder arbeiten mit Hochdruck an der Neuregelung der Erbschaftsteuer. Nachdem nun erste Überlegungen des Bundesfinanzministeriums bekannt wurden, hat der baden-württembergische Finanzminister Nils Schmid (SPD) Eckpunkte für die Besteuerung der Firmenerben fertiggestellt. Die Eckpunkte liegen der Stuttgarter Zeitung vor. Danach setzt sich Baden-Württemberg dafür ein, auch künftig Kleinbetriebe von der Steuer zu verschonen. Bei großen Familienunternehmen plant der baden-württembergische Finanzminister eine großzügigere Regelung als der Bund. „Bei der Neuregelung der Erbschaftsteuer geht es um Tausende Arbeitsplätze. Wir müssen alles daran setzen, dass sie auch bei Unternehmensnachfolgen erhalten bleiben“, sagte Finanzminister Schmid.

 

Schmid schlägt vor, dass Kleinbetriebe, wie es sie etwas im Handwerk vielfach gibt, von strengen Nachweispflichten für den Erlass der Erbschaftsteuer befreit werden. Er empfiehlt, dass für Betriebe bis zu fünf Mitarbeitern eine Bagatellgrenze gilt. Bisher ist es so, dass Firmenerben von der Erbschaftsteuer ganz oder größtenteils befreit werden, wenn sie das Unternehmen einige Jahre weiterführen und die Lohnsumme in diesem Zeitraum stabil halten. Kleinbetriebe mit bis 20 Mitarbeiter sind nach dem geltenden Recht vom Nachweis der Lohnsumme befreit. Das Bundesverfassungsgericht bemängelte aber, dass die überwiegende Mehrzahl der Betriebe von der Bagatellgrenze profitiert. Deshalb müssen die Bedingungen verschärft werden. Schmid will auf den Nachweis der Lohnsumme künftig verzichten, wenn der Betrieb bis zu fünf Mitarbeiter beschäftigt. Es sei sinnvoll, die Grenze an der Arbeitnehmerzahl festzumachen, heißt es im Konzept des Ministers. Damit geht Schmid einen anderen Weg als das Bundesfinanzministerium, das nach StZ-Informationen Ausnahmen für Kleinbetriebe an den Unternehmenswert knüpfen will.

Das Bundesverfassungsgericht fordert die Neuregelung

Sonderweg auch bei großen Firmen

Auch mit Blick auf die Großunternehmen schlägt Baden-Württemberg ein anderes Vorgehen vor als der Bund. Das Bundesverfassungsgericht verlangt, dass der Gesetzgeber bei großen Familienunternehmen eine Bedürfnisprüfung vornimmt, um festzustellen, ob die Firmenerben in der Lage sind, die Erbschaftsteuer ohne gravierende Nachteile für den Betrieb zu entrichten. Schmid schlägt vor, dass die geltenden Verschonungsregeln bis zu einem unternehmensbezogenen Wert von 100 Millionen Euro greifen. Bei Betrieben bis zu dieser Größe kann die Erbschaftsteuer entfallen, wenn die Kriterien für die Verschonungsregeln erfüllt sind. Danach wird keine Erbschaftsteuer fällig, wenn der Betrieb weitergeführt wird und die Lohnsumme mindestens sieben Jahre stabil bleibt. In diesem Fall darf der Anteil des sogenannten Verwaltungsvermögens, zu dem etwa Grundstücke, Firmenbeteiligungen und Bargeld gehören, nicht über zehn Prozent liegen. Nach dem baden-württembergischen Vorschlag soll es im Wesentlichen bei den bisherigen Regelungen bleiben. Nur dort, wo die Karlsruher Richter Änderungen verlangten, sieht Schmid Korrekturbedarf. Bei einem höheren Unternehmenswert als 100 Millionen Euro soll eine Bedürfnisprüfung ansetzen.

Die Wirtschaftsverbände hatten zuvor weitreichende Vergünstigungen gefordert. In einem Papier der sieben Spitzenverbände verlangten Industrie- und Handelskammer, das Handwerk, die Arbeitgeber und der Industrieverband BDI, dass der Gesetzgeber Rücksicht auf die großen Familienunternehmen nehmen soll. Die Bedürfnisprüfung soll erst bei 300 Millionen Euro je Erwerb beginnen. Dies würde bedeuten, dass bei mehreren Firmenerben jeweils 300 Millionen Euro ohne Bedürfnisprüfung vermacht werden könnten.

Schäuble plant strenger als das Land

In diesem Punkt wollen Bund und Länder der Wirtschaft nicht folgen. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sieht restriktivere Grenzen vor. Die Bundesregierung will die Grenze für Bedürfnisprüfungen bei 20 Millionen Euro je Erwerb ziehen. Damit plant Schäuble strengere Regeln als das Land. Schäuble plant überdies eine Freigrenze. Selbst bei geringfügiger Überschreitung des 20-Millionen-Euro-Werts würde die volle Steuer erhoben. Die Regierung begründet dies damit, dass Übertragungen von großen Unternehmen in der Praxis kaum vorkommen. Nach der Steuerstatistik von 2013 gab es 17 200 Erbschaftsteuerbescheide im Zusammenhang mit Betriebsvermögen. Davon entfielen 13 695 Fälle auf Betriebsvermögen unter einer Million Euro. Nur 58 Fälle betrafen Betriebsvermögen über 100 Millionen Euro. Die Bundesregierung will vermeiden, dass am Ende nur wenig große Familienunternehmen Erbschaftsteuer bezahlen. Für eine verfassungsfeste Festlegung dürften die Hürden nicht zu niedrig gelegt werden, heißt es in der Regierung. Schäuble will sein Konzept am Dienstagabend im Koalitionsausschuss vorstellen.

Kritik aus der Koalition

Unter den Wirtschaftspolitikern der Koalition ist der Vorschlag des Bundesfinanzministers umstritten. Auf Kritik stößt, dass Schäuble als Bagatellgrenze für Kleinbetriebe den Unternehmenswert heranziehen möchte. Danach soll auf den Nachweis der Lohnsumme verzichtet werden, wenn der Unternehmenswert bei maximal einer Million Euro liegt. Dies würde dazu führen, dass in vielen Fällen Unternehmensbewertungen vorgelegt werden müssten. Daher favorisiert Baden-Württemberg die Orientierung an der Zahl der Arbeitnehmer.

Die Wirtschaftspolitiker der Union befürchten zudem, dass Schäubles Vorschlag bei größeren Familienunternehmen dazu führt, dass auf viele Firmenerben künftig hohe Steuerzahlungen zukämen. „Im parlamentarischen Verfahren werden wir noch einiges ändern“, sagte der CDU-Abgeordnete Christian von Stetten. Auch der BDI warnte vor zusätzlichen Belastungen.