Georg Fichtner, stellvertretender Präsident der IHK Region Stuttgart, will nun Präsident werden. Er kandidiert als Nachfolger von Herbert Müller.

Stuttgart - Der Stuttgarter Unternehmer Georg Fichtner, Chef des gleichnamigen Ingenieurbüros, will als Nachfolger von Herbert Müller Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Region Stuttgart werden. Die Kandidatur des 55-Jährigen wurde der IHK-Vollversammlung bei der letzten Zusammenkunft in der zu Ende gehenden Wahlperiode bekannt gegeben. Die IHK braucht einen neuen Präsidenten, weil Amtsinhaber Herbert Müller der neuen Vollversammlung, die am 6. Februar 2013 zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammentreten wird, nicht mehr angehören wird. Er scheiterte im September mit seiner Kandidatur bei den Neuwahlen. Der Präsident muss aber nach den Statuten Mitglied der Vollversammlung sein.

 

Georg Fichtner, der in Konstanz sowie in Freiburg Jura studiert hat und zugelassener Rechtsanwalt am Landgericht Stuttgart ist, gehört der Vollversammlung seit 1997 an; vier Jahre später wurde er Mitglied des 20-köpfigen Präsidiums. Mittlerweile ist er zusammen mit Heinz-Werner Schulte, dem Chef der Kreissparkasse Ludwigsburg, Stellvertreter von Müller. Zudem leitet Fichtner den IHK-Bauausschuss. Er wird bei der Wahl im Februar wahrscheinlich nicht der einzige Kandidat sein.

Erfolg für die Kaktus-Initiative

Bei den Neuwahlen zur Vollversammlung errang die Kaktus-Initiative, die die Abschaffung der Zwangsmitgliedschaft in der Kammer fordert und sich für mehr Demokratie und Transparenz einsetzt, einen Erfolg. Sie gewann 22 der insgesamt 100 Sitze in der neuen Vollversammlung. In der bisherigen Vollversammlung, die 2009 gewählt wurde, sitzt nur ein Vertreter. Das Kaktus-Bündnis hat bereits früh angekündigt, einen eigenen Kandidaten für die Wahl zum Präsidenten vorzuschlagen. Bisher ist dies noch nicht geschehen. Es gilt als sicher, dass dem Kaktus-Bündnis auch das entschiedene Eintreten der IHK und ihres Präsidenten Müller für das Projekt Stuttgart 21 Zulauf gebracht hat. Clemens Morlok, der einst dafür gesorgt hat, dass die IHK ein Plakat zur Unterstützung von Stuttgart 21 wieder abhängen musste, ist einer der führenden Köpfen der Initiative.

Georg Fichtner hat im Sommer 1999 den Vorsitz der Geschäftsführung des Ingenieurbüros, dessen Haupteigner er ist, übernommen. Gegründet hat das Ingenieurbüro sein Großvater Martin Fichtner im Jahr 1922. Das Unternehmen bezeichnet sich als größtes unabhängiges Planungs- und Beratungsunternehmen und ist in gut 50 Ländern tätig. Zur Gruppe gehören zahlreiche Tochter- und Beteiligungsgesellschaften; insgesamt werden 2000 Mitarbeiter beschäftigt, davon 480 im Stuttgarter Stammhaus.

Der Schwerpunkt von Fichtner liegt in der Energietechnik (Stromerzeugung und -übertragung) sowie in der Umwelttechnik (Wasserwirtschaft und Abfallbehandlung). Das Unternehmen kombiniert technische Planung und Beratung mit klassischer Unternehmensberatung. Fichtner ist auch beim Projekt Stuttgart 21 engagiert. Die Gruppe hat im Jahr 2010 (aktuellere Zahlen sind nicht veröffentlicht) einen Umsatz von 192,0 Millionen Euro verbucht; unter dem Strich stand ein Konzernjahresüberschuss von 26,3 Millionen Euro.

„Personalunion zwischen Präsident und Ehrenpräsident“

Die Vollversammlung der IHK Region Stuttgart hat Herbert Müller zum Ehrenpräsidenten gewählt. Damit wird er künftig dem Präsidium ohne Stimmrecht angehören. Nach Angaben der Kammer hat solch eine Wahl Tradition; sie soll die Kontinuität der Arbeit sichern, indem die Vorgänger des amtierenden Präsidenten ihre Kenntnis der Vorgeschichte aktueller Themen in die Diskussion einbringen. So sind auch die drei Vorgänger von Müller Ehrenpräsidenten: Günter Baumann, Hans Peter Stihl und Berthold Leibinger. Auch der erste Präsident der IHK Region Stuttgart, der 2005 verstorbene Unternehmer Roland Klett, war Ehrenpräsident.

Die Vollversammlung hat 25 Mitglieder verabschiedet, die dem neuen Gremium nicht mehr angehören werden. Nach den Worten von Hauptgeschäftsführer Andreas Richter wollte die Kammer auch Müller, der noch bis Februar im Amt ist, nicht einfach gehen lassen. Die Kaktus-Gruppe spottet deshalb: „Erstmalig in der IHK-Geschichte“, so heißt es in einer Mitteilung von Morlok, „wird eine Personalunion zwischen Präsident und Ehrenpräsident eingegangen. Wir überlegen uns, ob wir in der neuen Wahlperiode – zur Vereinfachung des Verwaltungsaufwandes – beantragen, dass schon bei Wahl des Präsidenten dieser gleichzeitig zum Ehrenpräsident ernannt wird.“