Im Stuttgarter Stadtbezirk Ost gibt es Vorbehalte gegen die Bewerberin für das Bezirksvorsteheramt. Das lokale Gremium, der Bezirksbeirat, lehnt Tatjana Strohmaier ab. Für den Gemeinderat ist das Votum aber nicht bindend.

Stuttgart - Tatjana Strohmaier ist als Bezirksvorsteherin im Stadtbezirk Stuttgart-Ost nicht willkommen. Der Bezirksbeirat hat sich am Mittwochabend bei sechs Ja- und sieben Nein-Stimmen sowie drei Enthaltungen mehrheitlich gegen die 31-Jährige ausgesprochen. Nach Stand der Dinge wird das zwar aller Voraussicht nach nichts daran ändern, dass sich die CDU-Bewerberin am kommenden Donnerstag im Gemeinderat trotzdem zur Wahl stellt – und wohl auch gewählt wird. Der CDU-Fraktionschef Alexander Kotz hat einen Rückzug seiner Kandidatin am Donnerstag jedenfalls kategorisch ausgeschlossen – und das Votum der Bezirksbeiräte ist nicht bindend. Ein ziemlich einmaliger Vorgang ist dieses Misstrauensvotum trotzdem – und kein gutes Vorzeichen für die kommunalpolitische Arbeit im drittgrößten Stuttgarter Stadtbezirk in den nächsten fünf Jahren.

 

Eine wirkliche Überraschung ist das Ergebnis nicht. Schon seit die CDU Tatjana Strohmaier als ihre Kandidatin für das Ehrenamt im Osten verkündet hatte, regte sich Unmut im ökosozialen Lager, das im Bezirksbeirat über die Mehrheit verfügt.

Vordergründig war dabei immer das Jahrzehnte alte Verfahren zur Bestimmung der ehrenamtlichen Bezirksvorsteher in den Innenstadtbezirken kritisiert worden. Ausgehend vom Ergebnis der Kommunalwahl in den fünf Stadtbezirken wird dabei errechnet, welche Partei für wie viele Bezirke das Vorschlagsrecht erhält. Danach handeln die Vorsitzenden der Gemeinderatsfraktionen aus, welche Partei welchen Innenstadtbezirk bekommt. Die eigentliche Wahl erfolgt im Gemeinderat, die Bezirksbeiräte dürfen nicht mitentscheiden. Darüber war schon in den jüngsten Sitzungen im Osten diskutiert worden. Der bisherige Bezirksvorsteher Martin Körner (SPD) ließ im Auftrag des Bezirksbeirats durch das Hauptamt prüfen, ob eine doch Abstimmung möglich sei. Ergebnis: „Selbstverständlich kann der Bezirksbeirat hierzu auch ein Votum abgeben“, heißt es in der Antwort.

Mehrheit der Lokalpolitiker spricht Strohmaier Eignung ab

Tatsächlich spricht aber die Mehrheit des Bezirksbeirats Stuttgart-Ost der Volljuristin, die verheiratet ist und in der Klingenstraße in Gablenberg wohnt, die Eignung für das Amt einer Bezirksvorsteherin ab – ohne sie dabei persönlich anzugehen. Jörg Trüdinger, der SPD-Sprecher im Bezirksbeirat Ost, sagte, dass ein Bezirksvorsteher seiner Meinung nach eine gewisse kommunalpolitische Erfahrung benötige, um wichtige Themen für den Stadtbezirk erkennen zu können. Ähnlich hatten sich auch schon die Grünen geäußert, die als erste die Möglichkeit einer Abstimmung angesprochen hatten.

Ihre Vorstellungsrede hat Strohmaier auch nicht weiter geholfen – weder, dass sie Körners Amtsführung als großes Vorbild bezeichnete, noch, dass sie ihre Bereitschaft kundtat, ihre Berufstätigkeit auf 75 Prozent zu reduzieren, falls das Amt dies erfordere. Auch ihre Hinweise auf ihre Verwaltungserfahrung, Praktika im Stadtplanungsamt oder ihre jetzige Tätigkeit als Referentin im Verkehrsministerium konnten die Kritiker nicht überzeugen. Lediglich ihre eigene Partei in Person von Fraktionssprecher Karl-Christian Hausmann stärkte ihr den Rücken. Sie sei fachlich ausreichend qualifiziert und charakterlich geeignet, die Rolle der Moderatorin im Stadtbezirk gut auszufüllen.

Wahlschlappe im Gemeinderat könnte Folgen haben

Für den CDU-Fraktionschef Kotz ist das Votum kein Grund, nach einer neuen Bewerberin zu fahnden. Strohmaier müsse sich nun bemühen, im Osten „Vertrauen zu gewinnen und beweisen, dass sie es kann“. Aus der SPD- und der Grünen-Ratsfraktion gab es am Donnerstag jedenfalls keine Signale, Strohmaier bei der Wahl durchfallen zu lassen. Das wäre auch riskant: In der Reihenfolge der Wahlgänge steht am 24. Juli erst die Grüne Veronika Kienzle (Mitte) zur Wahl, danach die CDU-Bewerberin Sabine Mezger (Nord) und dann Tanja Strohmaier. Erst danach folgt die Wahl des SPD-Kandidaten für den Süden, Raiko Grieb, sowie des Grünen-Kandidaten Reinhard Möhrle (West). Die CDU hätte also Gelegenheit zur Revanche. Gleichwohl weisen Strohmaiers Kritiker genüsslich darauf hin, dass in der Verwaltungsvorlage zum Wahlgang davon die Rede sei, die Bewerber müssten im Stadtbezirk „allgemeines Ansehen genießen“. Das darf nach dem Votum der Lokalpolitiker zumindest bezweifelt werden.