Im Restaurant Noir im Stuttgarter Süden sitzen die Gäste als Hommage an die asiatische Esskultur in coolen Kuhlen.

Lokales: Matthias Ring (mri)

Stuttgart - Nicht nur zur Sommerzeit und wegen des Zeltspektakels der Kleinen Tierschau ist der Marienplatz ein Hotspot. Auch der Kaiserbau bringt Leben in die Steinwüste – und dort, wo die Tübinger Straße einmündet, ist der Platz nun um eine Attraktion reicher. Ein Asiate habe in dieser „guten Ecke“ noch gefehlt, sagt Ralf Bauer, der mit Ninette Sander den Club Schocken in der City betreibt. Weil die beiden gerne asiatisch essen und die Räume in der Tübinger Straße 92 länger leer standen, haben sie sozusagen ihr Portfolio erweitert.

 

Obwohl mit dem „retrofuturistischen“ Noir auch Ältere angesprochen werden sollen – die junge, wenn auch nicht ganz so junge Szene wie im Schocken ist präsent. Und gelenkig muss man sein, denn einige Plätze sind in coole Kuhlen versenkt, „Eine Hommage an die asiatische Sitz- und Esskultur“, sagt Bauer. Auf die zweite Auffälligkeit deutet der Name hin: sie ist komplett schwarz – bis auf das „rote Herz“, die Küche. In der werkelt Thien Hung Truong, der authentische Gerichte ohne zugrechtgeschnitzte Deko herausgibt.

Omnipräsente Kokosnote

Durch das Schwarz der Tische, über denen die Leuchten etwas blenden, sticht die Speisefarbe hervor, allerdings nicht bei den veganen Sommerrollen mit Tofu und Mango (4,80 Euro), die auch geschmacklich recht blass sind. Schön knackig hingegen und mit einer frischen Säurenote begeistert der Lotusstängelsalat mit Garnelen (6 Euro). Die probierten Hauptgerichte fallen wieder etwas zurück: Obwohl sie „verfeinert mit asiatischen Kräutern“ ist, muss zur vietnamesischen Gemüsepfanne (Brokkoli, Pak Choi, Sojasprossen mit breiten Reisnudeln, 9,80 Euro) die hausgemachte Sojasauce geordert werden. Und beim Seebarschfilet in „würziger Tomatensauce“ mit Reis (15,80 Euro) heben sich nur Thaibasilikum und Koriander heraus. Und Chilistückchen, die man aber besser als Deko betrachtet.

Hätten wir bei einem ersten privaten Besuch nicht den frischen Papayasalat, herzhaft gefüllte Betelblätter und einen knusprigen Fisch aus dem südchinesischen Meer gehabt, würde es knapp werden für die drei Sterne. Die einzigen Desserts – Klebreis mit Mango (4,80 Euro) und grünen Bohnen (4,20 Euro) – flutschen mundig hinunter, sind sich aber wegen einer omnipräsenten Kokosnote im Geschmack ähnlich. Die Hauptspeisen sind mit 10 bis 15 Euro aber günstig, und man is(s)t eben nicht in einem klassischen Restaurant. Der Service könnte aufmerksamer sein, andererseits bekommen Wartende einen Prosecco, weil Reservierungen nicht zum Konzept passen.

Alpirsbacher Klosterbräu und Black-Forest-Wasser zeugen von Niveau, an passablen Weinen gibt es je zwei weiße und rote offen (4,40 bis 5,40 Euro in 0,2-Liter-Karaffen, aber nicht immer mit passenden Gläsern). Das ist ausbaufähig, wie auch die kleine Bar im Untergeschoss, die auf die Szene wartet. Insgesamt kann man sagen: Da geht noch was.

Noir S-Süd, Tübinger Straße 92, www.noir-cuisine.de, Montag bis Donnerstag 11 bis 1 Uhr, Freitag und Samstag 11 bis 2 Uhr. Günstiger Mittagstisch, danach Fingerfood.

Die Bewertung
Küche ***
Service ***
Ambiente ***

***** = herausragend, **** = überdurchschnittlich, *** = gut, ** = Luft nach oben, * = viel zu verbessern Die Beurteilung berücksichtigt auch das Preis-/Leistungsverhältnis. Das günstige Lokal um die Ecke wird nach anderen Kriterien bewertet als ein Sternerestaurant. Der Test gibt Aufschluss über die Tagesform der Küche.