Im Prozess um die verschwundene Schwangere haben die Angeklagten nach der Verlesung der Anklageschrift zunächst von ihrem Schweigerecht Gebrauch gemacht.

Die beiden Angeklagten im Prozess um den mutmaßlichen Mord an einer Schwangeren aus Nürnberg haben sich am ersten Verhandlungstag nicht zu den Vorwürfen geäußert. Ihre Mandanten machten vom Schweigerecht Gebrauch, erklärte die Verteidigung am Dienstag nach der Anklageverlesung. 

 

Die Staatsanwaltschaft wirft dem 50-Jährigen aus Bosnien-Herzegowina und dem 48-jährigen Deutschen vor, die im achten Monat schwangere Frau im Dezember 2022 entführt, getötet und die Leiche an einem unbekannten Ort versteckt zu haben. Danach sollen sie eine falsche Spur gelegt haben, um den Eindruck zu erwecken, die 39-Jährige habe sich ins Ausland abgesetzt.

Motiv Habgier?

Der ehemalige Lebensgefährte des Opfers und sein Geschäftspartner sollen die Frau laut Anklage ermordet haben, um an ihr Vermögen zu kommen und andere Straftaten zu verbergen. Die leitende Bankangestellte hatte sich im März 2022 demnach von ihrem Lebensgefährten getrennt und seinen Zugriff auf ihre Konten gesperrt. Dieser soll das Geld für Immobiliengeschäfte verwendet haben, die über den zweiten Angeklagten liefen.

Die Mordanklage in dem Prozess um das Verschwinden einer Schwangeren aus Nürnberg liest sich wie aus einem Krimi: Die beiden Männer sollen sich für die Tat Prepaid-Handys und Autos ohne Navigationsgeräte besorgt haben, um keine digitalen Spuren zu hinterlassen. Nach dem Mord sollen sie die Leiche verschwinden lassen und eine falsche Spur gelegt haben. Es sollte der Eindruck entstehen, die 39-Jährige habe sich ins Ausland abgesetzt. 

Scheinbar gelassen lauschen die Männer der Anklageschrift

Doch die Ermittler sind sich sicher, dem ehemaligen Lebensgefährten der Frau und seinem Komplizen auf die Schliche gekommen zu sein. Die Beweise sprechen aus ihrer Sicht für Mord - auch wenn bisher keine Leiche gefunden werden konnte. Seit Dienstag müssen sich der 50-Jährige aus Bosnien-Herzegowina und der 48-jährige Deutsche wegen Mordes, Geiselnahme, Betrugs und anderer Straftaten vor dem Landgericht in Nürnberg verantworten. 

Im dunklen Anzug mit hellblauer Krawatte kommt der 50-Jährige in den Prozesssaal. Sein Gesicht verbirgt der ehemalige Lebensgefährte des Opfers hinter Sonnenbrille, Maske und einem Aktenordner. Der Mitangeklagte trägt ein weißes Hemd und Brille, sein Gesicht versteckt er nicht vor den vielen Kameras der Journalistinnen und Journalisten. 

Das Vermögen sei laut der Staatsanwaltschaft das treibende Motiv gewesen

Scheinbar gelassen lauschen die Männer der Anklageschrift, die den ausgeklügelten Plan der beiden und den Ablauf der Tat schildert. Immer wieder runzelt der 50-Jährige die Stirn. Als Oberstaatsanwältin Alexandra Hussennether auf die Vermögensverhältnisse des Opfers zu sprechen kommt, lacht er kurz auf. Doch zu den Vorwürfen schweigen die beiden Angeklagten an dem Tag vor Gericht.

Das Vermögen der Bank-Filialleiterin war aus Sicht der Staatsanwaltschaft das treibende Motiv für den Mord. Ihr damaliger Lebensgefährte - zu dem Zeitpunkt schon wegen Wirtschaftsdelikten vorbestraft und arbeitslos - soll ihr Geld für Immobiliengeschäfte verwendet haben, die über den zweiten Angeklagten liefen. Dadurch konnten sich die beiden der Anklage zufolge ein luxuriöses Leben mit teuren Autos leisten. 

Mit der Zeit habe es aber zunehmend Streit um die Finanzgeschäfte gegeben und die Frau habe sich ausgenutzt gefühlt, sagt Hussennether. 15 Jahren waren die beiden ihr zufolge ein Paar, kümmerten sich gemeinsam um eine Pflegetochter und trotzdem war er die ganze Zeit mit einer anderen Frau verlobt, was das spätere Opfer vermutlich nicht wusste.

Wenige Tage vor dem Prozess verschwindet die Frau spurlos

Im März 2022 trennte sich die leitende Bankangestellte von ihrem Lebensgefährten und sperrte seinen Zugriff auf ihre Konten. Dadurch sei die Geschäftsgrundlage der beiden Angeklagten weggebrochen, sagt Hussennether. Gemeinsam sollen sie deshalb versucht haben, mit einer Betrugsmasche an das Vermögen der Frau zu kommen. Diese zeigte die Männer an. 

Im Dezember sollte es zum Prozess wegen des Betrugs kommen. Doch wenige Tage vorher verschwand die Frau, nachdem sie ihre Pflegetochter zur Kita gebracht hatte. Zu diesem Zeitpunkt war die 39-Jährige von ihrem neuen Lebensgefährten im achten Monat schwanger.

Eine Leiche wurde bis heute nicht gefunden

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die beiden Beschuldigten der Frau an dem Tag folgten, sie überwältigten und in eine Lagerhalle brachten. Sie sollen sie dann gezwungen haben, einen Brief zu schreiben, in dem sie ihre Anzeigen zurücknahm. Dieser ging Tage später bei der Justiz ein. Im Anschluss sollen die Männer die Frau dort oder in einem Waldstück an der Autobahn 8 in Oberbayern getötet haben - und damit auch ihr ungeborenes Kind. „Die Leiche verbrachten sie an einen bislang unbekannten Ort“, sagt Hussennether.

Um den beiden Männer all das nachzuweisen, haben die Ermittler Hunderte Spuren und Hinweise in mehreren europäischen Ländern gesammelt. 100 Zeugen und zehn Sachverständige sollen in dem Verfahren aussagen, insgesamt 37 Verhandlungstage hat die Kammer für den aufwendigen Indizienprozess angesetzt. 

„Es ist sehr gut ermittelt worden“

Ob trotz umfangreicher Beweisaufnahme alle Fragen zum Tod der 39-Jährigen beantwortet werden können, das bezweifelt der Nebenklage-Anwalt Harald Straßner. Er sei aber zuversichtlich, dass es für eine Verurteilung der beiden Angeklagten ausreiche. „Es ist sehr gut ermittelt worden“, sagt der Jurist, der die Eltern und den Bruder des Opfers im Prozess vertritt. „Es ist eigentlich jeder Stein umgedreht worden, den man braucht für ein solches Ermittlungsergebnis.“