Ein 32-Jähriger muss sich wegen versuchten Mordes an einem jungen Asylbewerber vor dem Landgericht Stuttgart verantworten. Er soll dem Mann mit einem Baseballschläger schwerste Verletzungen zugefügt haben.

Nürtingen - Das Opfer leidet noch heute schwer unter dem brutalen Angriff mit einem Baseballschläger. Der 21 Jahre alte Mazedonier berichtet vor dem Landgericht Stuttgart von ständigen starken Kopfschmerzen, einer gefühllosen rechten Hand und von Schlaf- und Konzentrationsstörungen. Aber der junge Mann kann froh sein, die Attacke überlebt zu haben und inzwischen seine Ausbildung als Raumausstatter – wenn auch mit Einschränkungen – fortsetzen zu können.

 

Der heute 32-Jährige, der ihm die folgenschweren Verletzungen zugefügt haben soll, muss sich dafür wegen versuchten Mordes vor der 9. Schwurgerichtskammer verantworten. Dem Angeklagten, der ebenfalls mazedonischer Abstammung ist, wird vorgeworfen, am Abend des 2. Dezembers des vergangenen Jahres in der Asylbewerberunterkunft auf dem Parkplatz der Philipp-Matthäus-Hahn-Schule in Nürtingen ohne Vorwarnung mindestens sechs Mal mit dem Baseballschläger auf sein Opfer eingedroschen zu haben. Aus Eifersucht, weil der 21-jährige Asylbewerber eine Liebesbeziehung mit seiner ehemaligen Lebensgefährtin, gleichzeitig die Mutter seiner vier Kinder, begonnen hatte und noch heute unterhält.

Das Gewaltschutzgesetz wird angewendet

Mehrfach habe der Angeklagte ihm und der Frau in den Monaten vor der Tat aufgelauert und gedroht. Beispielsweise sei er ständig in dem Containerdorf erschienen und habe angekündigt, „mich umzubringen, wenn ich nicht nach Mazedonien zurückgehe“. Mehrfach war die Polizei mit dem Fall befasst, dem 32-Jährigen war nach dem Gewaltschutzgesetz sogar verboten worden, sich seiner Ex-Freundin und seinen Kindern zu nähern.

Das brachte den Gehörnten offenbar noch mehr in Rage. Am Tattag soll er laut der Anklage gegen 20.30 Uhr den Container des 21-Jährigen betreten und „unvermittelt“ zugeschlagen haben. So schildert es auch das Opfer. Er sei mit seinem Handy beschäftigt gewesen, da habe er gehört, wie jemand grußlos in den Raum kommt, erzählt der 21-Jährige. Er sei davon ausgegangen, es sei ein Freund, mit dem er sich verabredet hatte. Er habe den Kopf leicht angehoben und nur noch den Angeklagten wahrgenommen, wie dieser mit der Holzkeule ausholt und zuschlägt. „Es war leider zu spät“, um reagieren zu können. Gleich der erste Schlag habe ihn voll am Kopf getroffen, weitere folgten. Keine zwei Minuten habe das gedauert, dann sei der Täter geflüchtet: „Vielleicht dachte er, ich sei nicht mehr am Leben.“

Angeklagter bestreitet Tötungsabsicht

Ein kurzer Einwurf des Vorsitzenden Richters Wolfgang Hahn belegt, mit welcher Wucht der Täter zugeschlagen haben muss: Ein medizinischer Sachverständiger habe später festgestellt, dass Teile des Schädelknochens „einen Zentimeter tief ins Gehirn gedrückt“ worden seien.

Das erwähnt Wolfgang Hahn während der Aussage des Angeklagten. Denn dieser erzählt, er könne sich nur daran erinnern, den Nebenbuhler an der Schulter getroffen zu haben. Keinesfalls habe er ihn töten wollen. „Ich wollte nur mit ihm reden.“ Den Baseballschläger habe er bei sich gehabt, um ihm Angst einzuflößen und im klar zu machen, dass er sich von seiner ehemaligen Freundin und vor allem von seinen Kindern im Alter von elf, neun, sieben und sechs Jahren fern halten solle. Denn bis dahin habe ihn der 21-Jährige nicht ernst genommen. Auch an diesem Abend habe er ihn mit den Worten „Du schon wieder“ begrüßt. Daraufhin habe er ihm „wenigstens einen Denkzettel verpassen“ wollen. Dem am Boden Liegenden habe er noch zugerufen: „Alles nur wegen meiner Kinder.“ Der Prozess wird fortgesetzt.

Bestürzung in Nürtingen

Der Fall hatte im vergangenen Dezember Bestürzung in Nürtingen ausgelöst und einen Streit zwischen Ragini Wahl, der damaligen Flüchtlingsbeauftragten des evangelischen Kirchenbezirks Esslingen, und dem Landratsamt Esslingen entfacht. Wahl hatte den Verantwortlichen in der Behörde „unterlassene Hilfeleistung“ vorgeworfen, weil sie nicht auf Warnungen vor Übergriffen des mutmaßlichen Täters reagiert hätten. Ein von einer Betreuerin gefordertes Hausverbot für das Containerdorf sei gegen den 32-Jährigen nicht verhängt worden. Dem widersprach ein Sprecher der Behörde, worauf der Kirchenbezirk Ragini Wahl von ihrem Ehrenamt entband.