Nürtingen - Zwischen uns passt kein Blatt“: Dieses Bild hatten der Nürtinger Oberbürgermeister Otmar Heirich und die Kulturbürgermeisterin Claudia Grau nach außen stets vermittelt. Nun wird deutlich, dass ein tiefer Graben die beiden trennt. Ein Grund dafür ist, dass die Voraussetzungen für eine gute Zusammenarbeit denkbar schlecht gewesen sind. Grau war vor gut einem Jahr in die Rolle der Konkurrentin gedrängt worden. Obwohl die Bürgermeisterin für die Oberbürgermeisterwahl gar nicht hatte kandidieren wollen, rief eine Initiative per Internet dazu auf, Graus Namen auf den Stimmzettel zu schreiben. Heirich setzte sich dann im zweiten Wahlgang mit 49,6 Prozent durch. Mit 32 Prozent kam Grau ihm aber gefährlich nahe.

 

Dieser Vertrauensbeweis der Nürtinger stärkte der Kulturbürgermeisterin einerseits den Rücken. Mit großer Energie und einem hohen Arbeitspensum machte sich Grau daran, ihre Vorstellungen umzusetzen. Damit die Verwaltung in der Bildung, bei der Bürgerbeteiligung und gerade im Hinblick auf den demografischen Wandel auch in Zukunft den Herausforderungen gerecht wird, baute sie ihr Ressort um. Dass dabei manche auf der Strecke blieben, nahm Grau bewusst in Kauf. Derzeit durchleuchtet eine Beraterfirma auch Heirichs Dezernat und die Bauverwaltung mit dem Auftrag, zur Konsolidierung des Haushalts Sparpotenziale aufzudecken. Das löst Ängste aus. In diesem Licht betrachtet, wird das beherzte Vorpreschen der Macherin Grau von manchen im Nürtinger Rathaus eher als bedrohlich aufgefasst.

Das gute Ergebnis bei der OB-Wahl ist für Grau auch ein Fluch. Was die Popularität angeht, ist die Nummer 2 dabei, der Nummer 1 den Rang abzulaufen. Immer deutlicher zeichnet sich ab, dass der Oberbürgermeister seiner Stellvertreterin das auch übel nimmt. Die mangelnde Unterstützung bei der Höherstufung von Graus persönlichem Referenten ist ein klares Indiz. Für Nürtingen ist der Machtkampf im Rathaus nicht gut. Die Stadt bräuchte eine Führung, die an einem Strang zieht.