Das Hölderlinhaus wird zu einem Bildungszentrum ausgebaut. Rechtzeitig zum 250. Geburtstag des Dichters soll das Projekt in vier Jahren abgeschlossen sein. Derweil bekräftigt der Hölderlinverein seine Kritik an der geplanten Aufstockung.

Nürtingen - Am 20. März 2020 gedenkt die Literaturwelt des 250. Geburtstags von Friedrich Hölderlin. Ein knappes Jahr vorher will die Stadt Nürtingen mit der Sanierung und dem Umbau des Hölderlinhauses fertig sein. Um das Jubiläum angemessen feiern zu können, sollen die Arbeiten an dem Gebäude zum 31. Mai 2019 abgeschlossen sein. Das Haus soll künftig Teil eines neuen Bildungszentrums werden und auch dem Hölderlingedenken dienen.

 

Der Zeitplan sieht vor, dass der Gemeinderat am 23. Februar die Planer auswählt, die Entwürfe für eine Runderneuerung des Hölderlinhauses anfertigen sollen. Drei Büros wollen sich dieser Herausforderung stellen. Die Planer erhalten einige Vorgaben, die der Gemeinderat ebenfalls am nächsten Dienstag beschließen soll. Zu der Aufgabenstellung gehört die Aufstockung des Hölderlinhauses um eine Etage. Diesen Beschluss hat der Gemeinderat bereits im vergangenen Sommer gefasst. Laut einer Machbarkeitsstudie des städtischen Eigenbetriebs Gebäudewirtschaft Nürtingen vergrößert sich damit die Nutzfläche um 330 Quadratmeter. Dies wiederum eröffnet Zukunftsperspektiven für die Volkshochschule, die im künftigen Bildungszentrum am Schlossberg ein Hauptakteur sein wird.

Hölderlinverein ist gegen eine Aufstockung

Gegen eine Aufstockung des Hölderlinhauses wendet sich der Verein Hölderlin-Nürtingen. Durch eine Erhöhung des Gebäudes um 2,50 Meter würde das Ziel einer „authentischen Sanierung“ verfehlt, kritisiert der Verein. Er plädiert für einen originalgetreuen Rückbau des im Lauf der Jahrhunderte mehrfach veränderten früheren Wohnhauses von Friedrich Hölderlin. Die historische Bausubstanz müsse erhalten werden, fordert der Verein.

Dazu zählt für die Vereinsvorsitzende Ingrid Dolde auch, die Kernkonstruktion des Mansardwalmdachs von 1751 zu erhalten. Der vorgeschlagene Rückbau ist aus Vereinssicht als Umbau zu bewerten. Somit würde, so heißt es in einer Pressemitteilung, der bauliche Bestandschutz greifen. Dies wiederum würde bedeuten, dass bei einem Rückbau keine zusätzlichen Maßnahmen zur Gewährleistung der Erdbebensicherheit notwendig seien.

Streit über Kosten wegen Erdbebensicherheit

Die Nürtinger Stadtverwaltung ist hingegen davon überzeugt, dass die ehemalige Kernkonstruktion des Daches infolge des Umbaus von 1904 nicht mehr vorhanden sein kann. Der vom Hölderlinverein favorisierte Rückbau ist aus Sicht der Verwaltung mehr als ein Umbau. Folglich müsste die Stadt auch bei dieser Variante für die Erdbebensicherheit Sorge tragen.

Das Rathaus stützt sich dabei auf ein inzwischen der Öffentlichkeit zugängliches statisches Gutachten. Der Ingenieur hat unter anderem eine überschlägige Schätzung der zusätzlichen Kosten zur statischen Ertüchtigung des Tragwerks am Hölderlinhaus abgegeben. Im Fall einer Aufstockung des Gebäudes liegen die geschätzten Zusatzkosten bei netto 100 000 Euro und im Fall eines Rückbaus bei 70 000 Euro. Die Sanierung und der Umbau des Hölderlinhauses sollen unter dem Strich höchstens 2,4 Millionen Euro kosten.

Rathaus hält Kritik für „unangebracht“

Kritik übt der Hölderlinverein nicht nur an der geplanten Aufstockung, sondern auch am bisherigen Verfahren. Die beschlossene rechtzeitige Beteiligung von Interessenvertretern habe nicht stattgefunden. Nach einer kurzfristig anberaumten Besprechung Ende Januar hätten die Gemeinderäte bereits einen Tag später ein nicht abgestimmtes Protokoll erhalten. „Wesentliche Inhalte, die von uns in der Besprechung vorgetragen wurden, sind nicht an die Entscheidungsträger weitergegeben worden“, moniert Ingrid Dolde.

Das Rathaus bezeichnet die Kritik indessen als „unangebracht“ und verweist auf den Aufstockungsbeschluss des Gemeinderats. Zudem hätten die Beteiligten vor dem Gespräch Ende Januar zwei Wochen lang Zeit gehabt, sich mit der Aufgabenstellung für das Bildungszentrum zu beschäftigen.