Anlass
: Mehrere Bundesländer leiteten von Mitte der 1960er-Jahre an umfassende Verwaltungsreformen ein. Zunehmend komplexer werdende überörtliche Aufgaben, wie bei der Abfallbeseitigung, im Verkehrswesen oder bei der Krankenhausversorgung, hatten zu einem wachsenden Reformdruck geführt. In Baden-Württemberg wurden die Gebiets- und die Kreisreform von 1968 bis 1975 verwirklicht. Das Ziel war es, leistungsfähigere Gemeinden und Landkreise zu schaffen. Durch die Reform entstanden größere Einheiten. Fast alle Landkreise bekamen einen neuen Zuschnitt. Bis dahin selbstständige kleine Gemeinden schlossen sich Städten an, vor allem um die Lasten für die Infrastruktur wie Kindergärten, Schulen, Sportstätten oder Straßen schultern zu können.

 

Verträge:
In kleineren Gemeinden herrschte anfangs auch verbreitet Skepsis vor, inzwischen gilt die Gebietsreform in Baden-Württemberg als Erfolgsmodell. Für die Aufgabe ihrer Selbstständigkeit erhielten Ortschaften vertraglich abgesicherte Gegenleistungen. Dazu zählten erhebliche Investitionshilfen, etwa für neue Gemeindehallen. Nicht weniger wichtig waren Bestandsgarantien, wie beispielsweise die Erhaltung von Schulen. Solche Vereinbarungen gelten jedoch nicht automatisch „für alle Ewigkeit“, wie Norbert Brugger vom Städtetag erklärt. Er verweist auf die bisherige Rechtsprechung. Danach müsse im Einzelfall geprüft werden, ob sich Bedingungen geändert haben und ob eine Aufrechterhaltung von Einrichtungen finanziell noch zumutbar ist.

Teilortswahl:
Zu den Bestandsgarantien zählte auch die unechte Teilortswahl. Der Modus garantierte eingemeindeten Ortschaften eine bestimmte Zahl von Sitzen im Stadtparlament. Auch die Teilortswahl ist nicht fest zementiert, selbst wenn sie in Eingliederungsverträgen auf unbestimmte Zeit vereinbart wurde. Laut der Gemeindeordnung kann sie durch eine Änderung der Hauptsatzung aufgehoben werden – frühestens zur übernächsten Wahl der Gemeinderäte nach ihrer erstmaligen Anwendung. Diese Fristen sind längst abgelaufen. Die unechte Teilortswahl ist vielerorts abgeschafft worden. Ein Kritikpunkt war, dass Kandidaten aus kleineren Teilorten weniger Stimmen benötigten, um in den Gemeinderat zu kommen, als Bewerber aus größeren Orten.