Manteldesk: Mirko Weber (miw)

Friedrich ist komplett gegen die meisten „Jean Paul ist unser“-Kampagnen eingestellt. Da hätten die „Marketingsfuzzis“, sagt er, nichts Besseres im Kopf, als den Dreiklang auf den „Frauenliebling, Biertrinker und Heimatdichter“ scheppern zu lassen. „Das haben, wenn man bös ist, aber ich bin ja nicht bös“, setzt er fort, „die Nazis auch schon getan.“ Auch deswegen fällt die Ausstellung betont nüchtern aus: Hochvitrinen in Bücherform, nicht zu viel Biografisches: „Wir machen’s haptischer“, meint Friedrich. „Kurze Sätze. Schülerkompatibel. Und backen kleine Brötchen.“ Lesen, sagt der Museumschef beim Rausgehen, sei ja „eine aussterbende Kulturtechnik“.

 

Obwohl.

Wenn dann der Mond, die „Silberküste einer anderen Welt“, wie Jean Paul schreibt, aufgegangen ist, dann schaut alles anders aus. Jenseits von Bayreuth, vor Bücherwänden und in Karin und Eberhardt Schmidts Wohlfühlwohnstube. „Geistiges Nestmachen“, nannte Jean Paul das und meinte, obwohl durchaus ein Freund von Gemütlichkeit, eben nicht ein mentales Erstarren in Hausschlappen.

Eberhard Schmidt hat eine Musik aufgelegt, die nahelegt, dass da noch Begegnungen stattfinden, von denen mancher Kulturpessimist nichts weiß. Als Abschlussseminararbeit vor dem Abitur nämlich ist zum Beispiel Emelie Walther am Hofer Gymnasium den Jean-Paul-Weg von Joditz aus musikalisch angegangen, als Wandersfrau souverän ausschreitend in As-Dur. Und die Oboe ist immer die Saale. Gesetzt hat sie die Komposition für Klavier, zwei Violinen, Cello und Bläser, und während man so dasitzt und zuhört, fängt das Stück an zu fliegen wie Jean Pauls Luftschiffer Giannozzo weiland von Leipzig aus – und erhebt sich, wie im „Seebuch“ über das „blankgescheuerte Blei der polierten Alltäglichkeit“. So hoch hinaus aus der Stube sternewärts also kommt man mit einem Buch von Jean Paul.