Mittlerweile stammen die Busse aus den Werkshallen des belgischen Herstellers Van Hool - und da liegt der zweite Kummer der Obus-Fans. Denn statt billiger Massenware kriegen die Stadtbetriebe heute nur noch teure Sonderanfertigungen. Rund eine halbe Million Euro kostete Esslingen jeder der neun Obusse, dabei hatte sich der SVE mit Salzburg und Solingen zusammengetan, um höhere Rabatte auszuhandeln. Allerdings halten die Obusse 18 Jahre und damit fast doppelt so lange wie Dieselbusse; so können sie bei den Betriebskosten gut mithalten. "Im Verbrauch schlägt der Obus einen gewöhnlichen Bus ohnehin um Längen", versichert Pandion. Je teurer das Öl wird, umso besser fällt die Bilanz aus. "Aus Umweltsicht spricht alles für den Obus."

Außerdem sind die Fahrzeuge extrem pflegeleicht. Bei dem Werkstattleiter Zoltan Stari sind die Obusse meist nur kurz zu Gast. Die Garantie für die Elektromotoren läuft bis 500.000 Kilometer, diese Grenze haben die Esslinger Busse auch acht Jahre nach der Jungfernfahrt noch nicht erreicht. Mit kräftigen Armen zieht Stari eine Kontaktstange herunter und deutet auf ein schwarzes Etwas an der Spitze. "Diese Schleifkohle tauschen wir regelmäßig aus, bei Regenwetter fast täglich. Das dauert aber nicht lange." Damit hat er die wesentlichen Wartungsarbeiten bereits beschrieben, mehr erfordert der Obus nicht. Eine Ausnahme bilden die regelmäßigen Untersuchungen auf Kriechströme, die Isolationsprüfungen. Schließlich dürfen die Fahrgäste keinen elektrischen Schlag bekommen.

Einmal im Jahr wird das Netz einer Kontrolle unterzogen


Staris Leute pflegen nicht nur die Busse, sie rücken auch aus, wenn die Oberleitung beschädigt ist. Die häufigste Ursache für Störungen hat vier Räder und eine Schaufel: "Meist ist ein Bagger schuld", berichtet der Werkstattleiter. Dann rückt der Wartungs-Lkw mit seiner sechs Meter hohen Bühne aus. Das Werkzeug - Bolzenschneider, Quetschzangen, Hubzüge - ist samt und sonders mit Isolierschlauch überzogen. Kein Arbeiter vergisst, dass er es mit elektrischem Strom zu tun hat. Stari hält ein sogenanntes Kurzschlusskabel hoch: "Unsere Lebensversicherung."

Rund 30 Kilometer Fahrdraht haben Stari und seine Kollegen zu betreuen, über fünf sogenannte Unterwerke wird der Strom eingespeist. Einmal im Jahr unterziehen die Techniker das ganze Netz einer Kontrolle, ziehen jede Schraube nach und prüfen jeden Anschluss. Im Winter muss die Oberleitung enteist werden, dafür fährt ein Spezialfahrzeug die Strecke ab.

Bei diesem Aufwand ist es kein Wunder, dass es mehrfach Überlegungen gab, einen Elektrobus ohne Oberleitung zu schaffen oder zumindest die Kosten für das Netz zu reduzieren. In den 80er Jahren testete der SVE einen Duoantrieb mit Strom- und Dieselmotor. Unter dem Fahrdraht fuhren die Busse mit Strom; darüber hinaus mit Dieselmotor. Ein toller Bus, von dem die Fahrer heute noch schwärmen. Allerdings schleppte das fortschrittliche Verkehrsmittel seine sechs Tonnen schwere elektrische Ausrüstung nur unter Aufbietung aller Kräfte mit; der Bus wurde dadurch zum besten Kunden an der Tankstelle. Vor zwei Jahren endete das Experiment.

Batterien, die einen Bus antreiben, müssen lange geladen werden


Auch ein elektrischer Mischbetrieb wurde Ende der 70er Jahre ohne Erfolg ausprobiert: Die Busse luden beim Fahren unter der Oberleitung eine Batterie und bewegten sich mit deren Hilfe dann elektrisch ohne Oberleitung weiter. Doch die Batterien machten zu schnell schlapp.

Heute sind die Stromspeicher leistungsfähiger, und mit dem Hybrid feiert auf dem Automarkt ein Duoantrieb bereits beachtliche Erfolge. Aber für seine Obusse sieht Mickaél Pandion auf lange Sicht noch keine ernsthafte Konkurrenz. Batterien, die einen Bus antreiben können, seien nach wie vor sehr schwer, und sie müssten eine ganze Weile geladen werden. "Sie können ja schlecht dem Fahrgast sagen: Wir müssen jetzt mal acht Stunden an die Steckdose." Und deshalb fährt der Esslinger Obus vielleicht auch noch in sechzig Jahren, wenn seine Dieselbrüder mangels Ölquellen längst auf dem Schrottplatz gelandet sind.