Die Große Kreisstadt Leinfelden-Echterdingen ist beim Ausbau der Stadt- und S-Bahn mit von der Partie. Vorerst trägt sie nur 1,9 Millionen Euro Anteil an den Investitionskosten.

Leinfelden-Echterdingen - Eine deutliche Mehrheit des Gemeinderats von Leinfelden-Echterdingen (17:7 bei einer Enthaltung) befürwortet den Beitritt zu einer Rahmenvereinbarung, in der sieben Beteiligte die Finanzierung des Ausbaus der Stadtbahnlinien U 6 und U 5 sowie der S-Bahn auf den Fildern regeln. Dieses Paket hat ein Investitionsvolumen in Gleisstrecken und Fahrzeuge von knapp 200 Millionen Euro. Nach Abzug von Bundes- und Landeszuschüssen müssen die Städte Stuttgart, Filderstadt und Leinfelden-Echterdingen sowie die Gemeinde Neuhausen, der Verband Region Stuttgart, der Landkreis Esslingen und die Stuttgarter Straßenbahnen AG rund 75,2 Millionen Euro an Kosten tragen.

 

Auf die Stadt L.-E. entfällt der Vereinbarung zufolge wie bereits berichtet ein vergleichsweise geringer Anteil von 3,65 Millionen Euro für die U 6 (Verlängerung vom Fasanenhof zur Messe und zum Flughafen) und 0,9 Millionen Euro für die U 5 (Verlängerung vom Bahnhof Leinfelden zur Markomannenstraße). An der U 6 muss sich L.-E. zunächst aber nur mit einer Million Euro beteiligen. Der Restbetrag wird – ebenso wie der Betriebskostenanteil der Filderkommune an der U 6 (290 000 Euro pro Jahr) – erst mit der Umsetzung des Gewerbeparks Echterdingen-Ost fällig. Für dieses interkommunale Projekt von L.-E. und Stuttgart gibt es noch keine Realisierungsperspektive. Die Betriebskosten für die U 5 in Leinfelden betragen 15 000 Euro pro Jahr.

Freie Wähler mehrheitlich dagegen

Mehrheitlich haben die Freien Wähler in der Sitzung gegen diese Vereinbarung gestimmt. Gegenstimmen und eine Enthaltung kamen auch aus der Grünen-Fraktion. Für die Freien Wähler begründete der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Joachim Beckmann das Nein damit, dass ein Zusatz in der Vereinbarung, der die Projektpartner verpflichtet, das Interesse Leinfelden-Echterdingens an einer Wiederanbindung Echterdingens an die U 5 zu beachten, „nicht verbindlich genug ist. Wir haben kein Vertrauen darin, dass die U 5 nach Echterdingen kommt“. Dem gegenüber stehe der große Landverlust durch die Stadtbahntrasse über die Felder zum Flughafen. „Das Projekt schadet mehr als dass es nutzt“, schob der Fraktionsvorsitzende Hans Huber in einer persönlichen Erklärung zu seinem Sinneswandel nach.

Ingrid Grischtschenko, Chefin der Grünen, kündigte eine mehrheitliche Zustimmung ihrer Fraktion an, und betonte, dass eine Paketlösung „immer etwas enthält, was man nicht haben will“. Wolfgang Haug (FDP/LE-Bürger) warnte vor einer Ablehnung: „Sonst haben wir heute und in Zukunft nichts.“ Aber auch er hatte nicht alle Fraktionsmitglieder auf seiner Seite. Sabine Onayli stimmte nicht zu.

CDU: Die Vorteile überwiegen

Erich Klauser (SPD) betonte: „Unserer Fraktion ist jede Schiene willkommen.“ Er wehrte sich dagegen, „dass die U 6 trotz voraussichtlich 5000 Fahrgästen im Tagesschnitt als schlecht dargestellt wird“. Auch bei der CDU-Fraktion gebe es Bedenken, sagte deren Vorsitzender Harry Sandlaß. „Aber die Vorteile überwiegen.“ Es sei positiv, wenn der Flughafen als fünfter Stadtteil von L.-E. künftig besser an den ÖPNV angebunden werde.

Oberbürgermeister Roland Klenk machte auf die Konsequenzen einer Ablehnung aufmerksam: Dann werde die U 5 aus dem Programm gestrichen. Zur Zahlung von Zuschüssen könne das Land nicht gezwungen werden. Eine Verlängerung der Stadtbahn bis Echterdingen-Hinterhof sei dann „eine Frage der Ewigkeit“. Bürgermeister Alexander Ludwig erinnerte daran, dass der Landverbrauch bereits minimiert worden sei.

Kommentar

Die Tür steht einen Spalt breit offen

Leinfelden-Echterdingen muss eine Kröte schlucken, um beim innerstädtischen Ausbau der Stadtbahn Fortschritte zu erzielen. Von Norbert J. Leven

Die Mehrheit des Gemeinderats von L.-E. hat am Dienstagabend weise entschieden. Die Zustimmung zur Weiterentwicklung der innerstädtischen Personenbeförderung auf der Schiene hält alle Möglichkeiten für die Zukunft offen. Das war freilich nicht selbstverständlich, denn die Tür steht nur einen Spalt breit offen. Der Beschluss fordert von den Bauern ein Opfer, den erneuten Verlust landwirtschaftlich wertvoller Fläche.

Wer in seiner Abwägung diesen Verlust bei der Abstimmung nicht mittragen konnte oder wollte, verdient Respekt. Allerdings müssen sich die Wortführer der Kritik am Bau der Stadtbahnlinie vom Fasanenhof zur Messe und zum Flughafen fragen lassen, ob sie die möglichen Folgen einer Blockade des Rahmenvertrags zum Ausbau des öffentlichen Schienennahverkehrs bis ins Detail durchdacht hatten. Oder war das Protestchen gar eiskaltes Kalkül, um die eigene Klientel für die Kommunalwahl im Mai 2014 milde zu stimmen – im Vertrauen darauf, dass die Argumente zwar durchaus nachvollziehbar, jedoch vorhersehbar nicht mehrheitsfähig waren?

Die Gemeinderatsmehrheit hat indes richtig erkannt, dass ein Nein aus Leinfelden-Echterdingen zum Ausbau der U 6 und der S-Bahn von Bernhausen nach Neuhausen zwei folgenschwere Wirkungen entfaltet hätte: L.-E. wäre wegen unsolidarischen Verhaltens auf Jahre hinaus isoliert gewesen und hätte dieses Doppelprojekt trotzdem nicht aufgehalten.

Gleichzeitig wäre die Verlängerung der U 5 – zunächst bis zur Markomannenstraße – dann mangels Finanzierungspartnern wie eine Seifenblase geplatzt und ein Wiederausbau der Linie nach Echterdingen zur Utopie mutiert. Jetzt gilt es, den Fuß nicht nur in der Tür zu haben, sondern sie bei nächster Gelegenheit auch aufzustoßen.