Politik/Baden-Württemberg: Rüdiger Bäßler (rub)

Denn fast vier Jahrzehnte lang war die 160 Quadratkilometer große Fläche, auf der jetzt die Sondierungen laufen, goldenes Land für Wintershall. Von 1957 an beutete das Unternehmen die Ölfelder Mönchsrot, Hauerz und Oberschwarzach aus. Die Pferdekopfpumpen förderten über die Jahrzehnte rund 1,7 Millionen Tonnen Öl. Im Jahr 1995, als die Deutschen einen heftigen Konjunktureinbruch zu verkraften hatten, die Zahl der Arbeitslosen auf mehr als drei Millionen gestiegen und der Ölpreis auf weniger als zehn Dollar pro Fass gefallen war, schraubte Wintershall seine Anlagen ab. Ein Abzug nicht mangels Öl, sondern wegen fehlender Rentabilität.

 

Jetzt, mit modernerer Technik und höheren Weltmarktpreisen, gehe es darum, „Bereiche zu erkennen, die noch mit Öl gefüllt sind“, sagt der für Süddeutschland zuständige Wintershall-Projektleiter Tobias Fuhren. In freundlicher Rastlosigkeit bewegt er sich zwischen Stehtischen im Steinhausener Musikerheim, geduldig antwortet er auf alle Fragen. Keine Rancherattitüde, keine klappernde Stiefelschnalle, keine Zigarre, kein mokantes Blake-Carrington-Lächeln, nicht einmal einen Goldzahn, der im Glühbirnenlicht des Steinhausener Musikvereinsheims einmal aufblitzen könnte. Fuhren trägt stattdessen eine orangefarbene Warnweste über der Kleidung, ist damit also ganz Arbeiter, und beherrschte er nur ein wenig vom oberschwäbischen Dialekt der Gegend, dann könnten ihn die Leute womöglich ins Herz schließen.

Die Besitzer von 12 000 Flurstücken können ein Vetorecht geltend machen. Wirklich relevant für das Gelingen der Erdölsuche seien jedoch nur rund 500 Landwirte und Waldbesitzer in der Gegend, sagt eine Firmensprecherin. Die Kasseler hätten es wohl leichter mit den nötigen Vertragsabschlüssen, wenn da mehr Zeitzeugen wie Peter Baumann wären. „Das ist in meinen Augen ganz ungefährlich“, urteilt der Chef eines Landtechnikbetriebes in Rot an der Rot über das Bohrvorhaben. Schon sein Vater, erzählt der Unternehmer, habe von 1960 an vor Ort die Wintershall-Trucks und andere zur Ölforderung nötige Maschinen repariert und dabei gut verdient. „Die ganze Region hat damals einen Aufschwung genommen.“

Die Angst vor den Sprengungen

Da sind Pia Kienle und Irmgard Bentele, zwei Frauen aus Steinhausen, ganz anderer Meinung. Sie haben Laken vor dem Musikerheim aufgespannt und „Keine Gehirnwäsche für Einzelpersonen“ draufgeschrieben. „Es geht uns nicht um die Messungen, sondern um die Sprengungen“, sagt Irmgard Bentele. Ihr Ort liege im Wasserschutzgebiet. „Wer ist haftbar, wenn etwas passiert?“, fragt sie.

Sprengungen? Das Wort steht bei Wintershall auf der Liste unerbetener Begriffe. Tobias Fuhren spricht lieber von „Impulsladungen“. Ja, sagt er, sie seien im Zuge der laufenden Sondierungen überall da nötig, wo die schweren Vibro-Trucks nicht fahren können. Benutzt würden Sprengladungen aus dem Bergbau. „Die setzen wir auf zehn Meter Tiefe und lösen die dann aus.“ Die Echosignale werden Teil der späteren dreidimensionalen Darstellung des Untergrunds. Jeder zehnte der insgesamt rund 10 000 Messpunkte im angepeilten Fördergebiet müsse wohl per Sprengung angegangen werden, mutmaßen die Demonstrantinnen draußen vor der Tür. Wintershall will die Zahl nicht bestätigen.

Während die Überzeugungsarbeit läuft, fahren draußen bei Rot an der Rot, einer Gemeinde, die Eingeweihten als Veranstaltungsort der jährlichen Wahl der Miss Oberschwaben bekannt ist, schon die Suchfahrzeuge. Eine polnische Spezialfirma jagt im Auftrag von Wintershall Schallwellen bis zu zwei Kilometer tief ins Erdreich. Planvoll platzierte, kabelgebundene Geofone zeichnen die Echosignale auf. Die auf Festplatten gespeicherten Daten werden später am Wintershall-Firmensitz im hessischen Kassel zu Bildern zusammengesetzt, die den Untergrund dreidimensional abbilden. Dann, so die Hoffnung, wird sich dem geschulten Auge der Geologen das Öl zeigen. Wenn sich das bewahrheiten sollte, wird es wieder, wie es früher war.

Pferdekopfpumpen in Oberschwarzach

Denn fast vier Jahrzehnte lang war die 160 Quadratkilometer große Fläche, auf der jetzt die Sondierungen laufen, goldenes Land für Wintershall. Von 1957 an beutete das Unternehmen die Ölfelder Mönchsrot, Hauerz und Oberschwarzach aus. Die Pferdekopfpumpen förderten über die Jahrzehnte rund 1,7 Millionen Tonnen Öl. Im Jahr 1995, als die Deutschen einen heftigen Konjunktureinbruch zu verkraften hatten, die Zahl der Arbeitslosen auf mehr als drei Millionen gestiegen und der Ölpreis auf weniger als zehn Dollar pro Fass gefallen war, schraubte Wintershall seine Anlagen ab. Ein Abzug nicht mangels Öl, sondern wegen fehlender Rentabilität.

Jetzt, mit modernerer Technik und höheren Weltmarktpreisen, gehe es darum, „Bereiche zu erkennen, die noch mit Öl gefüllt sind“, sagt der für Süddeutschland zuständige Wintershall-Projektleiter Tobias Fuhren. In freundlicher Rastlosigkeit bewegt er sich zwischen Stehtischen im Steinhausener Musikerheim, geduldig antwortet er auf alle Fragen. Keine Rancherattitüde, keine klappernde Stiefelschnalle, keine Zigarre, kein mokantes Blake-Carrington-Lächeln, nicht einmal einen Goldzahn, der im Glühbirnenlicht des Steinhausener Musikvereinsheims einmal aufblitzen könnte. Fuhren trägt stattdessen eine orangefarbene Warnweste über der Kleidung, ist damit also ganz Arbeiter, und beherrschte er nur ein wenig vom oberschwäbischen Dialekt der Gegend, dann könnten ihn die Leute womöglich ins Herz schließen.

Die Besitzer von 12 000 Flurstücken können ein Vetorecht geltend machen. Wirklich relevant für das Gelingen der Erdölsuche seien jedoch nur rund 500 Landwirte und Waldbesitzer in der Gegend, sagt eine Firmensprecherin. Die Kasseler hätten es wohl leichter mit den nötigen Vertragsabschlüssen, wenn da mehr Zeitzeugen wie Peter Baumann wären. „Das ist in meinen Augen ganz ungefährlich“, urteilt der Chef eines Landtechnikbetriebes in Rot an der Rot über das Bohrvorhaben. Schon sein Vater, erzählt der Unternehmer, habe von 1960 an vor Ort die Wintershall-Trucks und andere zur Ölforderung nötige Maschinen repariert und dabei gut verdient. „Die ganze Region hat damals einen Aufschwung genommen.“

Die Angst vor den Sprengungen

Da sind Pia Kienle und Irmgard Bentele, zwei Frauen aus Steinhausen, ganz anderer Meinung. Sie haben Laken vor dem Musikerheim aufgespannt und „Keine Gehirnwäsche für Einzelpersonen“ draufgeschrieben. „Es geht uns nicht um die Messungen, sondern um die Sprengungen“, sagt Irmgard Bentele. Ihr Ort liege im Wasserschutzgebiet. „Wer ist haftbar, wenn etwas passiert?“, fragt sie.

Sprengungen? Das Wort steht bei Wintershall auf der Liste unerbetener Begriffe. Tobias Fuhren spricht lieber von „Impulsladungen“. Ja, sagt er, sie seien im Zuge der laufenden Sondierungen überall da nötig, wo die schweren Vibro-Trucks nicht fahren können. Benutzt würden Sprengladungen aus dem Bergbau. „Die setzen wir auf zehn Meter Tiefe und lösen die dann aus.“ Die Echosignale werden Teil der späteren dreidimensionalen Darstellung des Untergrunds. Jeder zehnte der insgesamt rund 10 000 Messpunkte im angepeilten Fördergebiet müsse wohl per Sprengung angegangen werden, mutmaßen die Demonstrantinnen draußen vor der Tür. Wintershall will die Zahl nicht bestätigen.

Die Naturschutzverbände, vertreten durch den Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg (LNV), haben der Sondierung durch 3-D-Seismik im Prinzip ihr Okay gegeben. In einer Stellungnahme vom 25. August wendet der Ravensburger LNV-Vertreter Gerhard Maluck gegenüber dem Landesamt für Geologie Rohstoffe und Bergbau beim Regierungspräsidium Freiburg aber ein, es sei „nicht vollständig auszuschließen“, dass Wintershall die aus der 3-D-Seismik erworbenen Kenntnisse „an andere Firmen weiterverkaufen könnte, die sie dann für Fracking einsetzen“. Die Naturschutzverbände hätten daher ein „verbleibendes Unbehagen“ bei ihrer Zustimmung.

In Aitlingen fließt das Öl seit 1979

Die Wintershall-Broschüren, die im Steinhausener Vereinsheim ausliegen, versprechen: „Umweltschutz und Sicherheit stehen für uns an erster Stelle.“ Das Unternehmen verweist auf seine lange Erfahrung in der Erdölförderung. Weiter östlich, in Aitingen bei Augsburg, fließt das Öl bereits seit 1979 ununterbrochen, im nächsten Jahr soll dort eine Neubohrung gemacht werden. Und im Unterallgäu, bei Bedernau und Lauben, sind die Erkundungsbohrungen bereits abgeschlossen und sollen womöglich schon im nächsten Jahr wieder Förderanlagen entstehen. Aufgereiht wie an einer „Perlenkette“ – noch ein Begriff aus der Winterhall-Wörterfibel – lägen die Lagerstätten im Voralpenland.

Welchen Ölpreis auf dem Weltmarkt Wintershall mindestens braucht, damit das oberschwäbische Öl rentabel ist, wird nicht verraten. „Wir planen langfristig“, sagt der Sprecher lediglich. Dafür wird gern betont, dass die BASF-Tochter in den vergangenen 80 Jahren allein in Deutschland so viel Öl gefördert habe, wie Saudi-Arabien in 20 Jahren nach Deutschland geliefert habe. Na, das ist doch mal was: Die Oberschwaben können, wenn sie denn wollen, den Saudis zeigen, was eine Harke ist.