Saisonbeginn in der ältesten am Standort erhaltenen Ölmühle in Michelau: Jeden Sonn- und Feiertag erfahren Besucher, wie man aus Leinsaat, Walnüssen oder Raps Öl herstellte.

Rudersberg - Die Liegestühle, in denen es sich die Besucher gemütlich machen können, um die Aussicht ins idyllische Wieslauftal zu genießen, hat Richard Horn an diesem verregneten Osterwochenende erst gar nicht aufgebaut. Zusammengeklappt stehen sie an der Wand der Ölmühle in Rudersberg-Michelau, direkt neben zwei gewaltigen, senkrecht stehenden Mahlsteinen. „Hier im Kollergang ist der Leinsamen geknackt worden“, erklärt Horn. Denn in den nur wenige Millimeter großen Samen der Lein- oder auch Flachs-Pflanze steckt wertvolles Öl. „Leinsamen hat einen Ölgehalt von etwa 40 Prozent, fast so viel wie Oliven“, berichtet Horn. Ein Grund für frühere Generationen, die Samen gründlich in die Mangel zu nehmen und bis zum letzten auszuquetschen.

 

Der erste Müller fing 1754 an

Ein gewisser Andreas Klein hat damit in Michelau schon 1754 angefangen. „Klein war hier der erste Müller“, erklärt Richard Horn, der sich seit sechs Jahren um die landesweit älteste am Standort erhaltene Ölmühle kümmert. Während seine Frau Claudia Rudolf an Sonn- und Feiertagen nebenan im Kiosk die Besucher mit Kaffee, Schafsmilcheis und Speisen wie mexikanischen Tortillas oder „Mühlenknechts Stärkung“, sprich: schwäbischem Wurstsalat, bewirtet, serviert Richard Horn zwischen allerlei altertümlichen Gerätschaften Wissenswertes aus der mehr als 250-jährigen Vergangenheit dieses technischen Denkmals. Er erklärt, wozu die schweren Walzenstühle dienten und demonstriert mit wenigen Handgriffen, wie man mit simpler, aber effektiver Technik in der Putzmühle die Spreu vom Leinsamen trennte. Währenddessen klappert draußen das fast sechs Meter große Mühlrad, das der letzte Müller, ein Mann namens Haller, der Ölmühle 1913 spendiert hat. Damals wurde es noch vom Mühlbach angetrieben. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs sorgt ein Elektromotor dafür, dass alles rund läuft.

Vier Liter Öl aus 25 Kilo Brei

Die im Kollergang zerquetschte Saat, ein ölhaltiger Brei, wurde auf rund 60 Grad erwärmt, um das Leinöl dünnflüssiger zu machen. Danach schichtete der Müller die Pampe in eine Pressform. Zwischen die Lagen von Brei wurden ölabweisende Rosshaarmatten gelegt, am Boden der Form befand sich ein Sieb, durch welches das mit Druck aus dem Brei gepresste Öl herausfließen konnte. „Aus 25 Kilo Brei hat man etwa vier Liter Öl gewonnen“, sagt Richard Horn. Nicht gerade viel, daher war Öl kostbar. „Für Salatsauce hat man Öl nicht verwendet“, erläutert Horn: „Dünnflüssiges Öl wie Rapsöl diente als Schmier- und Lampenöl, Leinöl hat man genutzt, um Holz zu imprägnieren.“ Ohnehin sei das Öl aus Raps früher gallenbitter gewesen.

Erst nach dem Preisverfall, den das nach dem zweiten Weltkrieg in Deutschland verfügbare Erdöl verursachte, habe der Müller sich aufs Speiseöl verlegt, erzählt Horn. Doch auch das währte nicht lange, die Mühle wurde Mitte der 1950er-Jahre stillgelegt. „Man hat sie einfach stehen lassen.“ In den 1980er-Jahren initiierte eine Nachfahrin des letzten Müllers das Museum. „Die Maschinen waren alle noch da“, sagt Richard Horn: „Das war ein echter Glücksfall.“

Ausflugsziel im Wieslauftal

Öffnungszeiten
Bis Ende Oktober ist die Ölmühle in Rudersberg Michelau, Weilerwiesen 1, an jedem Sonn- und Feiertag von 13 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei, es gibt kostenlose Führungen sowie einen Spielplatz. Der Kiosk ist von 9.30 bis 18.30 Uhr geöffnet.

Kultur
In der Gartenwirtschaft neben der Mühle gibt es regelmäßig Live-Konzerte. Das nächste bestreitet das Gitarren-Trio Zaitensprung am 21. Mai von 11 bis 13 Uhr.

Anfahrt
Die Mühle liegt direkt am Wieslauftal-Radweg und der Schwäbischen Waldbahn, Haltestelle Michelau.