Wo einst Tontöpfe trockneten und lagerten, richten Waiblinger Oldtimer-Fans derzeit eine Unterkunft für betagte Fahrzeuge ein. Im Oktober sollen die ersten Schmuckstücke das Quartier auf dem Rombold-Areal in Unterweissach beziehen.

Weissach im Tal - Blumentöpfe zu Abertausenden, in allen Größen und Formen. Den Anblick, den die Kalthalle der Tonwarenfabrik Rombold in Unterweissach noch vor einigen Monaten geboten hat, werden Jürgen Göhring, Thomas und Stefan Bauer wohl nie vergessen: Neben Tontöpfen stapelten sich im mittlerweile leer geräumten Gebäude haufenweise Paletten und Berge von Schutt und alten Schamottsteinen, im Dachstuhl lag der rötliche Tonstaub zentimeterdick. Im März dieses Jahres haben die Waiblinger – alle erklärte Fans und Besitzer betagter fahrbarer Untersätze – die Halle gekauft, die seit dem Konkurs der Firma vor rund zehn Jahren in einem Dornröschenschlaf lag.

 

Seitdem verbringen sie jede freie Stunde dort, um das gewaltige Backsteingebäude zu sanieren und in ein Oldtimer-Hotel umzuwandeln. Rund 700 000 Euro wird es insgesamt kosten, um die knapp 93 Meter lange und 24 Meter breite Halle umzumodeln. Dort sind einst die im benachbarten Ringofen gebrannten, noch heißen Tonwaren auf Loren hineingeschippert, abgekühlt und dann entweder eingelagert oder für den Versand verpackt worden. „Die Dimensionen haben wir erst erfasst, als alles leer war“, erzählt Jürgen Göhring.

Ein Labyrinth mit tierischen Besuchern

Auch wegen allerlei Anbauten habe sich das rund 2400 Quadratmeter große Gesamtgebäude als ein regelrechtes Labyrinth entpuppt, erzählt Thomas Bauer: „Wir sind tagelang hier hindurch geklettert und gerobbt und haben erst mal alles gesichtet.“ Sogar ein Reh habe sich in der Halle herumgetrieben. Bei der Entdeckungstour sind die neuen Besitzer außerdem auf Schritt und Tritt längst vergangenen Zeiten begegnet, sie haben alte Firmenschilder und Rechnungen entdeckt, Auszeichnungen, die Mitarbeiter für 50-jährige Betriebszugehörigkeit erhalten haben, und Lieferscheine, die beweisen, dass Rombolds Erzeugnisse einst bis nach Kanada verschifft wurden.

Gut erhalten waren auch einige Lorenwagen, auf denen die Tontöpfe früher transportiert wurden, Pressformen, eine Werkbank, uralte Holzspinde der Mitarbeiter und um die 150 000 Tontöpfe, die anfangs auf dem Hallenboden herumstanden. „Wir haben alle sortiert und von jeder Form 50 bis 100 Stück zur Seite gestellt“, sagt Iris Göhring. Ihr Ziel: „Die Firmengeschichte soll nicht in Vergessenheit geraten.“

Weil die Oldie-Fans ein Faible für schöne alte Dinge haben, haben sie „alles gerettet, was wir retten konnten“. Sogar den Brennofen, der auf dem Nachbargrundstück steht und einst 365 Tage im Jahr in Betrieb war. „Wir konnten gerade noch den Bagger stoppen, der ihn niedermachen sollte“, erzählt Iris Göhring: „Zum Glück bleibt er nun doch erhalten“ – als Kulisse für den Biergarten, der unter dem Kamin der Tonwarenfabrik in Betrieb gehen soll.

Extragroße Stellplätze für amerikanische Modelle

Die Halle selbst ist als Stellplatz für fertig restaurierte Fahrzeuge gedacht. Jeder Platz hat eine Steckdose, für Arbeiten wie Reifenwechsel gibt es nebenan eine kleine Werkstatt mit Hebebühne, die Schrauber kostenlos nutzen können. Und weil „die Amis einfach etwas voluminöser sind“, wie Thomas Bauer sagt, gibt es auch eine Reihe mit extra großen Plätzen für amerikanische Großformate. Zudem bietet die Kraftwagenhalle einige Stellplätze für Doppelparker – viele Oldtimer-Fans sind schließlich Mehrfachtäter.

Und mobil. Deshalb bietet die Halle eine kleine Veranstaltungsfläche, auf der Konzerte steigen und Oldtimer-Clubs bei ihren Ausfahrten einen Stopp einlegen können. Ein Bereich der Halle ist für eine kleine Ausstellung reserviert, welche die Geschichte der Tonwarenfabrik dokumentiert. Und das ehemalige Meisterbüro wird in Zukunft ebenfalls als Büro genutzt – und gar nicht viel anders aussehen als in den Jahrzehnten zuvor. Die Ziegelwände der Halle selbst sollen sichtbar bleiben; Stichwort: Vintage-Look. Dank großer Fenster können Passanten künftig von außen in die Halle spickeln. „Dazu haben wir uns ganz bewusst entschlossen“, sagt Jürgen Göhring: „Wir probieren einfach einmal, ob das klappt.“

Dachziegel, Blumentöpfe, Alte Fahrzeuge

Anfänge
Schon im 17. Jahrhundert war außerhalb von Unterweissach eine Ziegelhütte entstanden, die 1832 an den Standort in der Welzheimer Straße umzog. Betrieben und ausgebaut wurde sie von der Familie Beckert. 1875 heiratete der Ziegler Gottlob Rombold Karoline Beckert und übernahm die Ziegelhütte. Bis zum Aus im Jahr 2006 blieb der Betrieb im Besitz der Nachfahren der Rombolds.

Technik
Ende des 19. Jahrhunderts gab es wesentliche Entwicklungen: eine Dampfmaschine wurde eingebaut und ein Ringofen erstellt, über dem in einem mehrstöckigen Trockenraum die Tonwaren getrocknet wurden. 1902 entstand der 50 Meter hohe Schornstein, vier Jahre später noch ein Trockenschuppen.

Umschwung
Von 1908 an stellte die Firma ihre Produktion um: statt Dachziegel wurden Blumentöpfe hergestellt, da es in diesem Bereich nach dem Ende einer Tontopffabrik im Elsass Lieferengpässe gab. Die tönernen Produkte wurden in alle Welt verkauft.

Oldtimer
Im Herbst dieses Jahres soll auf dem Gelände die „Kraftwagenhallen“ eröffnet werden, als Unterstellmöglichkeit für Old- und Youngtimer. Es gibt Stellplätze für europäische Fahrzeugformate und extra große Parkplätze für amerikanische Marken. Die Halle wird per Video überwacht, Mieter haben rund um die Uhr Zugang zu ihren Fahrzeugen. Es gibt eine Werkstatt mit einer Hebebühne und einen Eventbereich. Direkt neben der Halle soll ein Biergarten mit Hausbrauerei entstehen.