Auf der beliebten Oldtimer-Messe Retro Classics in Stuttgart sehen die Besucher an diesem Wochenende nicht nur glänzende Geldanlagen auf vier Rädern, sondern auch schöne alten Formen.

Stuttgart - Wo sind die Autos? Der Flügeltürer streckt einsam seine Flanken in die Luft. Neben und hinter sich hat er nichts als elegant in Weiß eingedeckte Tische. Bei der Retro Night der Oldtimer-Messe steht nicht das Geschäft im Vordergrund, sondern die Gesellschaft. Die findet sich traditionell am Stand des Pleidelsheimer Autoveredlers Mechatronik ein – bestens versorgt vom Sternekoch Rolf Straubinger von Burg Staufeneck.

 

Die wahren Schätze stehen im Separee: zwei Mercedes 540 K aus den späten 30ern, ein Cabrio und ein sogenannter Innenlenker, beide unrestrauriert und um die 1,8 Millionen Euro wert. „In diesem Zustand finden Sie keinen sonst auf dem Planeten“, sagt der Mechatronik-Boss Frank Rickert völlig unbescheiden und zeigt auf das Cabrio, Baujahr 1939. Die Gebrauchsspuren – inklusive des Aufklebers „Harvard 1953–54“ – machten das Fahrzeug zum Zeitzeugen, ja zum „Kunstwerk“.

Der ehemalige Rennfahrer hat ein Faible für Velours

Jochen Mass rückt die Dinge ins rechte Licht. „Oldtimer sind eine Geldanlage. So ist das halt“, sagt die Rennsportlegende. Die Szene teile sich in drei Segmente: den Luxusbereich, wo man in kürzester Zeit Millionen Gewinn machen könne, das Mittelsegment und die günstigeren Fahrzeuge, bei denen man zumindest kein Geld verliere – „anders als beim Neuwagen“. Mass ist immer wieder mit alten Rennautos bei der Mille Miglia am Start, in Goodwood oder demnächst beim Concours d’Élégance am Comer See. Privat fährt er lieber Neuwagen, weil die so „bequem rollen“. Außerdem outet er sich als Fan von Velourssitzen. Damit fahre es sich viel leiser.

Ob Garagengold oder Steuersparmodell – etwa mit dem Oldtimer als Dienstwagen, wozu es auf der Retro Classics Fachvorträge gibt –, letztlich zählt die Liebe zum alten Vehikel. Durch die Messehallen weht bis Sonntag der Geruch von Gummiabrieb, trockenem Leder und Benzin voller Blei, bei dem die Herzen der Fans höher schlagen. Sie sind dem Charme der alten Karosserien verfallen, bei deren Entstehung Sicherheitsaspekte überhaupt keine Rolle spielten. Zierleisten statt Stoßfänger – und Geschichten statt Werkstattberichten.

Der Bentley des Fürsten

„Wie ich werden auch andere Besucher mit bestimmten Fahrzeugen persönliche Erinnerungen verbinden, sagt Karl Friedrich Fürst von Hohenlohe, der als Schirmherr der Schau die Auftaktnacht eröffnete. Er denkt dabei an einen alten Drei-Liter-Bentley, den sein Vater einst in England kaufte und den er selbst später fuhr.

Bei anderen darf es eine Nummer kleiner sein, etwa der Citroën 2 CV. Die „Ente“ gilt als der Oldtimer mit dem größten Wertzuwachs seit Beginn der Langzeitbetrachtung 1999. „Nicht jeder kann perfekt sein“, meint dazu Patrick Rollet. Der neu gewählte Präsident des Oldtimer-Weltverbands FIVA hat seinen 2 CV aus dem Jahr 1952 unglückseligerweise vor 15 Jahren verkauft, „für so gut wie nichts“, wie er bedauert. Der Litauer Saulius Karosas, er gilt in der Szene als Sammler allererster Güte, hat seine Liebe zu alten Autos früh entdeckt. Im Alter von 26 Jahren kaufte er den ersten Oldtimer, einen Mercedes Benz K Compressor, der „total ruiniert“ war, wie er erzählt. Er wollte in die USA auswandern und das Fahrzeug dort verkaufen, um Startkapital zu haben. „Aus der UdSSR durften keine Wertgegenstände ausgeführt werden, aber alte Autos galten nicht als solche.“ Er hat es dann doch behalten, weitere kamen dazu.