Der 1968 gegründete Autoveredler Irmscher schließt seinen Stammsitz im Remstal. Alle 64 Mitarbeiter verlieren ihre Jobs. Schuld daran ist auch die Krise bei Opel.

Wissen/Gesundheit: Werner Ludwig (lud)

Remshalden - Die Krise bei Opel trifft nun auch das Traditionsunternehmen Irmscher aus Remshalden. Am Freitag wurden die 64 Mitarbeiter auf einer Betriebsversammlung über die Schließung des Stammsitzes zum 31. Mai 2013 informiert. „Die Marktveränderungen und die schwache Konjunktur des Automarktes in Europa zwingen uns zu diesem Schritt“, sagt Geschäftsführer Günther Irmscher, der Sohn des gleichnamigen Firmengründers und Rallyefahrers. Bereits die letzten drei Jahre seien „sehr, sehr schwierig“ gewesen. Zum Umsatz und zur Ertragslage nannte er jedoch keine Zahlen.

 

Das Geschäft mit Spoilern, Türschwellern, Felgen und anderem sportlichem Zubehör sei stark an die Neuwagenverkäufe gebunden – und die entwickelten sich bei Irmschers Hauptmarke Opel zuletzt alles andere als positiv. Die später dazugekommene Marke Peugeot hat ebenfalls Absatzprobleme. Auch die Aufträge für Sonderserien im Auftrag der Autohersteller seien stark zurückgegangen.

Die Marke Irmscher werde es aber weiter geben, sagt der Geschäftsführer. Der Markt werde künftig von den anderen europäischen Standorten aus bedient, an denen zusammen rund 50 Mitarbeiter beschäftigt seien. Das 1968 in einer Doppelgarage in Winnenden gegründete Familienunternehmen betreibt je eine Niederlassung in Spanien, Großbritannien, den Niederlanden, der Schweiz sowie in Italien.

Als es Opel noch besser ging und das Sportcoupé Manta noch nicht in Kinofilmen verballhornt wurde, sondern als passabler Sportwagen für Normalverdiener galt, gab es auch für Irmscher noch mehr zu tun. In der Spitze beschäftigte der Tuner in Remshalden und an den ausländischen Standorten rund 250 Menschen. Nach der Schließung des Stammwerks wird davon nur noch ein Fünftel übrig bleiben. „Wir haben vieles probiert, um den Standort zu retten“, versichert Irmscher.

Ein Beispiel dafür ist die Umrüstung von Autos auf Flüssiggasantrieb, die freilich nicht viel mit dem Kerngeschäft Tuning zu tun hat. Die Beschäftigten in Remshalden erhalten noch bis Ende Mai ihre Gehälter. „Damit geben wir den Mitarbeitern Zeit für eine Neuorientierung“, so Irmscher. Zudem versuche man etwa mit Referenzen bei Bewerbungen zu helfen. Abfindungszahlungen seien nicht vorgesehen.

Die Probleme von Irmscher hängen nicht nur mit dem Niedergang von Opel zusammen. Das gesamte Tuning-Geschäft ist in den letzten Jahren schwieriger geworden. So schneiden sich die Autohersteller selbst eine immer größere Scheibe vom Umsatzkuchen ab. Harald Schmidtke, der Geschäftsführer des Tuning-Branchenverbandes VDAT, beziffert das gesamte Marktvolumen für sportliches Autozubehör und Tuning auf 4,6 Milliarden Euro. „Rund 60 Prozent davon werden mittlerweile von den Herstellern selbst abgedeckt“, sagt Schmidtke.

Fast alle Automobilkonzerne haben heute eigene Abteilungen, die sich um die Veredelung von Serienfahrzeugen kümmern – bei Mercedes etwa die Tochter AMG. Zudem ist die Zahl verfügbarer Sonderausstattungen gewachsen. Wer ein Sportfahrwerk will, kann es beim Autokauf gleich mitbestellen. Auch Opel wendet sich mit seinen kräftig motorisierten OPC-Modellen direkt an das sportliche Publikum.

„Das klassische Tuning für Otto-Normalverbraucher à la Opel Manta oder VW Golf hat die beste Zeit hinter sich“, meint der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer vom CAR-Institut in Duisburg. Als Beleg führt er auch die gesunkenen Besucherzahlen der Essen Motor Show an, auf der das Thema Tuning eine zentrale Rolle spielt. Lockte die Ausstellung 2004 noch 416 000 Menschen an, werden in diesem Jahr etwa 340 000 erwartet. Die Probleme der Tuning-Branche hängen laut Dudenhöffer auch mit der insgesamt geringeren Autobegeisterung  jüngerer Menschen zusammen.

Schmidtke sieht die Zukunft seiner Branche positiver. Der Wettbewerb sei zwar härter geworden, doch der VDAT-Chef erwartet, dass der Markt in den kommenden Jahren in etwa stabil bleiben wird. Dabei spiele auch die Veredelung gebrauchter Autos eine nicht unwesentliche Rolle, meint Schmidtke. Die kleineren Tuner hätten am Markt weiter ihren Platz, weil sie schneller auf Trends reagieren und mehr Möglichkeiten zur Individualisierung bieten könnten, wobei ganz klar die Optik im Vordergrund stehe. Die Leistungssteigerung von Motoren rangiert auf der Hitliste der Kunden erst auf Platz fünf.