Nicht immer werden in Hollywood die transsexuellen Rollen auch von transsexuellen Schauspielern gespielt.
Die Wahrnehmung, dass es zu wenige Rollen für Transsexuelle gibt, nimmt zumindest zu. Was die Konsequenzen daraus sind, müssen wir abwarten. Ich persönlich habe immer gesagt, dass niemand eine Rolle nicht bekommen sollte aufgrund des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung. Das gilt für alle. Schließlich will ich selbst auch nicht auf eine Art von Rolle festgelegt sein und freue mich auch, wenn ich mal nicht „nur“ die Transsexuelle spiele. Wir sind alle Schauspieler und können alle alles spielen.
Trotzdem plädieren Sie für mehr Rollen für Transsexuelle.
Ich kann eben aus eigener Erfahrung berichten, was für ein besonderes Erlebnis es ist, wenn die Zuschauer nicht nur Empathie für die Trans-Rolle empfinden, sondern auch für die Schauspielerin dahinter. Diese Sichtbarkeit von Transsexualität ist ein erster Schritt zu gesellschaftlicher Veränderung.
Können Sie an einer Serie wie „Transparent“ Gefallen finden, auch wenn deren transsexuelle Hauptfigur nicht von einem transsexuellen Darsteller gespielt wird?
Oh ja, ich liebe die Serie. Jeffrey Tambor in der Hauptrolle ist brillant. Er verleiht seiner Figur eine solch unglaubliche Menschlichkeit. Und überhaupt die ganze Geschichte ist wunderbar. Daran ändert doch die Tatsache nichts, dass Jeffrey nicht transsexuell ist. Gleiches gilt für Hilary Swank damals in „Boys Don’t Cry“. Herzzerreißend! Aber nichtsdestotrotz kann man ja mehr Rollen für transsexuelle Schauspieler fordern.
In jedem Fall ist das Thema Transsexualität dieser Tage präsenter als jemals zuvor. Glauben Sie, dass manche das bloß als kurzlebigen Trend betrachtet?
Ich hoffe einfach mal, dass diese „Transgender-Sache“ gekommen ist, um zu bleiben. Das Thema findet in diesen Tagen den Raum, der ihm schon immer zustand. Aber die Zeit wird zeigen, ob ich recht habe und es hier um Bürgerrechtsfragen geht statt nur um einen Trend.
Als Sie im vergangenen Jahr auf dem Cover des „Time Magazine“ zu sehen waren, sagten Sie im Interview dazu, dass für Sie immer noch jeder Tag ein Kampf sei.
Tatsächlich kämpfe ich noch immer wieder aufs Neue darum, mich selbst so zu akzeptieren und zu lieben, wie ich bin. Mein Schauspielcoach bringt die Sache mit dem Erfolg ganz gut auf den Punkt: Ruhm löscht die Unsicherheit nicht aus, sondern potenziert sie noch – einfach weil noch mehr Augen auf dich gerichtet sind als vorher und es immer jemanden gibt, der etwas auszusetzen hat. Wenn man sich in seiner Haut nicht wohlfühlt, ist das fatal. Deswegen versuche ich zum Beispiel, keinerlei Kommentare über mich im Internet zu lesen.
Lässt sich das denn vermeiden?
Nicht immer. Neulich kam mir leider mal wieder ein furchtbares Statement unter, in dem sich jemand über mein Aussehen äußerte. Das hat mich so sehr getroffen, dass ich mich mit einem Stift hingesetzt und all die Dinge aufgelistet habe, die ich an mir mag. Und dabei ging es mir nicht nur um das Äußerliche, sondern auch um mein Herz, meine Seele und meinen Geist. Ich bin mehr als mein Körper und mehr als das, was andere Leute über mich sagen. Aber sich selbst dessen zu vergewissern, ist ein täglicher Kampf.