Auf dem Wasen gibt es sie noch: eine Pissrinne. Vor einigen Jahren hat man sie ein Stück zurückversetzt – und liebestollen Wasen-Pärchen dadurch einen wichtigen Busch gestohlen.
Stuttgart - Die Pissrinne ist eine vom Aussterben bedrohte Form des Urinals. Früher rückten echte Männer beim Pinkeln noch eng zusammen, heute will Mann beim Wasserlassen seine Privatsphäre. In Stuttgart gibt es zwei legendäre Pissrinnen: die auf dem Wasen und die im Lokal Brunnenwirt in der Stuttgarter Innenstadt. In der Pissrinne im Brunnenwirt lag vor Jahrzehnten einmal eine Leiche, behaupten Zeitzeugen.
Im Kollektivurinal auf dem Wasen hat Jürgen Kaufmann noch keine Leiche entdeckt. Der Geschäftsführer der Firma Neckar Parking ist für die öffentlichen Toiletten auf dem Wasen zuständig und hat es eher mit Alkoholleichen zu tun. »Es kann schon mal passieren, dass ein Gast angetrunken auf der Toilette einschläft.« Dann muss er den Sicherheitsdienst rufen, um sicherzustellen, dass nichts Schlimmeres passiert ist.
Ein liebestolles Paar mit dem Gartenschlauch getrennt
Früher stand die Pinkelrinne, wie sie Jürgen Kaufmann nennt, an anderer Stelle, vor einigen Jahren hat man sie ein Stück zurückversetzt. Liebestollen Wasen-Pärchen hat man dadurch einen wichtigen Busch gestohlen, in dem Zwischenmenschlichkeiten ausgetauscht wurden. Emotional aufgeladene Wasen-Gänger lassen sich von der Pissrinnenversetzung aber nicht abhalten. »Die Liebespärchen finden Sie mittlerweile auf den Pritschen der Lkws oder auf dem Campingplatz«, sagt Jürgen Kaufmann. Dort habe ein Mitarbeiter von Kaufmann erst beim vergangenen Volksfest ein liebestolles Paar mit dem Gartenschlauch trennen müssen.
Tipp: Neben der großen Pissrinne gibt es viele weitere Toiletten auf dem Gelände, die Toiletten beim Almhüttendorf sind zum Beispiel besonders sauber, sie kosten aber auch.
Text und Foto stammen aus dem Buch „55 ½ Orte, die man auf dem Wasen gesehen haben muss“, von StZ-Titelautor Ingmar Volkmann und Fotograf Martin Stollberg. Das im Emons-Verlag erschienene Buch versammelt Orte abseits der großen Bierzelte und führt den Leser in unbekannte Wasen-Ecken.