Das war zu der Zeit Claus Hinrich Casdorff, und das Seminar erwies sich als Stahlbad. Wenig zimperlich war beim Schulungsinterview gleich seine erste Frage: „Stimmt es, dass bei Ihnen zu Hause die Frau die Hosen anhat?“ Im Affekt wollte ich ihm an die Gurgel, aber das ist genau das, was man nicht darf – und Casdorff hat mir als leuchtendes Beispiel den alten Wienerwald-Chef Friedrich Jahn vorgehalten, den er in seinem unvergessenen TV-Verhör „Ich stelle mich“ einmal mit dem Satz begrüßte: „Es heißt, er sei wie seine Hähnchen ein bisschen fettglänzend.“

 

Der Hähnchenkönig blieb eiskalt.

Wer sich unter Kontrolle hat, wirkt kompetent. Beherrscht bleiben heißt das Rezept, nicht provozieren lassen, kühl antworten, keine Blöße geben, nicht stottern, nicht schwitzen, den Fangfragen ausweichen, polemisieren und notfalls tricksen. Aber all das gibt es nicht umsonst – ehe sich beispielsweise der Kräuterschnapskönig Emil Underberg seinem gefürchteten TV-Verhör stellte, erzählte Casdorff, „hat er sich als Privatlehrer extra Thomas Gottschalk gekauft“.

Der Charme der souveränen Beherrschtheit

Was Führungskräften der Wirtschaft weiterhilft, kann für Fußballtrainer eigentlich nicht grottenfalsch sein. Hätte Keller über einen Rhetorik- und Verhaltenskurs womöglich die Kurve gekriegt – wäre er am Ende dann nicht gefeuert, sondern gefeiert worden als virtuoser Volksredner und jedermanns Liebling zum Knuddeln?

Roberto Di Matteo ist nun sein Nachfolger, und ganz Schalke hofft, dass der Neue aus Schaffhausen den Charme der souveränen Beherrschtheit gleich mitbringt – vielen fällt an der Stelle allerdings siedendheiß das Streitgespräch ein, das er als Trainer des FC Chelsea vor zwei Jahren nach dem Finalsieg in der Champions League gegen den FC Bayern mit dem Sky-Interviewer Jan Henkel geführt hat. Was Chelsea an jenem Abend gespielt hatte, war ein lustfeindlicher Fußball, jedenfalls kein sexy Fußball, sondern ein Rückfall ins destruktivste, dunkelste Mittelalter, als vor dem Sex noch die Lampen ausgemacht wurden, damit der Spaß nicht überhandnahm – und Henkel ärgerte den frisch gekrönten Trainerkönig zu Recht mit der Frage: „Ihr Fußball ist erfolgreich, aber ist er auch schön?“ Mit einem Gesichtsausdruck, der mit „A“ anfing und mit „loch“ aufhörte, hat der Schaffhausener sofort auf dem Absatz kehrt- und sich wortlos aus dem Staub gemacht.

Das Interview als Stahlbad

Das war zu der Zeit Claus Hinrich Casdorff, und das Seminar erwies sich als Stahlbad. Wenig zimperlich war beim Schulungsinterview gleich seine erste Frage: „Stimmt es, dass bei Ihnen zu Hause die Frau die Hosen anhat?“ Im Affekt wollte ich ihm an die Gurgel, aber das ist genau das, was man nicht darf – und Casdorff hat mir als leuchtendes Beispiel den alten Wienerwald-Chef Friedrich Jahn vorgehalten, den er in seinem unvergessenen TV-Verhör „Ich stelle mich“ einmal mit dem Satz begrüßte: „Es heißt, er sei wie seine Hähnchen ein bisschen fettglänzend.“

Der Hähnchenkönig blieb eiskalt.

Wer sich unter Kontrolle hat, wirkt kompetent. Beherrscht bleiben heißt das Rezept, nicht provozieren lassen, kühl antworten, keine Blöße geben, nicht stottern, nicht schwitzen, den Fangfragen ausweichen, polemisieren und notfalls tricksen. Aber all das gibt es nicht umsonst – ehe sich beispielsweise der Kräuterschnapskönig Emil Underberg seinem gefürchteten TV-Verhör stellte, erzählte Casdorff, „hat er sich als Privatlehrer extra Thomas Gottschalk gekauft“.

Der Charme der souveränen Beherrschtheit

Was Führungskräften der Wirtschaft weiterhilft, kann für Fußballtrainer eigentlich nicht grottenfalsch sein. Hätte Keller über einen Rhetorik- und Verhaltenskurs womöglich die Kurve gekriegt – wäre er am Ende dann nicht gefeuert, sondern gefeiert worden als virtuoser Volksredner und jedermanns Liebling zum Knuddeln?

Roberto Di Matteo ist nun sein Nachfolger, und ganz Schalke hofft, dass der Neue aus Schaffhausen den Charme der souveränen Beherrschtheit gleich mitbringt – vielen fällt an der Stelle allerdings siedendheiß das Streitgespräch ein, das er als Trainer des FC Chelsea vor zwei Jahren nach dem Finalsieg in der Champions League gegen den FC Bayern mit dem Sky-Interviewer Jan Henkel geführt hat. Was Chelsea an jenem Abend gespielt hatte, war ein lustfeindlicher Fußball, jedenfalls kein sexy Fußball, sondern ein Rückfall ins destruktivste, dunkelste Mittelalter, als vor dem Sex noch die Lampen ausgemacht wurden, damit der Spaß nicht überhandnahm – und Henkel ärgerte den frisch gekrönten Trainerkönig zu Recht mit der Frage: „Ihr Fußball ist erfolgreich, aber ist er auch schön?“ Mit einem Gesichtsausdruck, der mit „A“ anfing und mit „loch“ aufhörte, hat der Schaffhausener sofort auf dem Absatz kehrt- und sich wortlos aus dem Staub gemacht.

Was aber nichts heißen muss. Wenig später ist Roberto Di Matteo beim FC Chelsea entlassen worden – und falls er die lange Pause danach genutzt hat für einen Kommunikations- und Verhaltenskurs, dann wird er daraus zweifellos gestärkt hervorgehen und Jan Henkel beim nächsten Interview mit dem bezaubernden Lächeln des lebensbejahenden Strahlemanns in den Arm nehmen und ihm sagen, dass es mit ihm auf Schalke ab sofort nur noch eines gibt: sexy Fußball.