Die Stadt Ostfildern hat ihre Bestimmung, keine mit Kinderarbeit produzierten Grabsteine zu dulden, auf Eis gelegt. Der Grund dafür ist, dass es für diese Produkte keine Zertifizierung gibt, die das garantiert.

Ostfildern - Wie viele andere Kommunen hat die Stadt Ostfildern im vergangenen Jahr beschlossen, dass auf ihren Friedhöfen nur Grabsteine aufgestellt werden dürfen, die nachweislich nicht aus ausbeuterischer Kinderarbeit stammen. Doch der in die Friedhofsatzung aufgenommene Passus kann aufgrund einer fehlenden Zertifizierung nicht greifen. Er liegt vorerst auf Eis, wie es in einer Mitteilung der Stadtverwaltung heißt.

 

Nach Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg dürfen solche Bestimmungen vorläufig nicht umgesetzt werden, „da die Herkunftsnachweise für Natursteine durch Zertifikate über faire Produktions- und Handelsbedingungen erbracht werden müssen“. Diese anerkannten unabhängigen Siegel gibt es zwar beispielsweise für Granit, der im Straßenbau für Bordsteine verwendet wird, nicht aber für Grabsteine. Eine Alternative dazu wäre, wenn die Steinmetze eine Eigenerklärung über ihre Produkte abgeben würden, erklärt Dietmar Hage, der sich in der Ostfilderner Verwaltung um das Thema fairer Handel kümmert. Aber die Realität sehe anders aus. Der einzelne Handwerker könne eine solche Garantie nicht abgeben, „da er die Produktionsbedingungen und die Lieferketten nicht kennen kann“, sagt Dietmar Hage.

Stadt will Segel nicht streichen

Aber das Thema sei damit nicht erledigt, die Stadtverwaltung sei nach wie vor „fest entschlossen, sich gegen Kinderarbeit zu stemmen“. Die Bestimmung solle schließlich nicht aus der Satzung gestrichen, sondern lediglich ausgesetzt werden. „Wir wollen die Segel nicht streichen“, betont Dietmar Hage. Er gehe davon aus, dass sich im kommenden Jahr genügend Auftraggeber finden würden, die gemeinsam eine Zertifizierung für Grabsteine finanzieren könnten. Dabei sehe er auch das Land sowie den Städte- und Gemeindetag in der Pflicht. Der Ostfilderner Gemeinderat wird sich der Stadtverwaltung zufolge in seiner Sitzung im kommenden Oktober dieses Themas annehmen.

90 Prozent der Grabsteine kommen aus Indien

Bis das Siegel komme, „bleibt uns der Appell, auf Produkte aus Kinderarbeit zu verzichten“, erklärt Dietmar Hage. Das Bewusstsein für dieses Problem sei in der Bevölkerung durchaus gestärkt, „wir hoffen auf das Verantwortungsgefühl der Menschen“. Das würde bedeuten, bis dahin auf jene Grabsteine zu verzichten, die in Deutschland zu 90 Prozent aus Indien bezogen und verarbeitet würden. Die Produkte aus diesem Land seien zwar bekannt für ihre Farbenvielfalt und für den günstigen Preis. Letzterer werde aber auf Kosten der Kinder erzielt, „die in vielen indischen Steinbrüchen ohne jeglichen Arbeits- und Gesundheitsschutz und oft in sklavenähnlicher Abhängigkeit schuften müssen“, heißt es in der Mitteilung aus dem Rathaus.