Wie beeinflusst die Krankheit Ihren Alltag?
Elmar P. Ich nerve sie bestimmt manchmal, wenn ich frage: Hast du deine Tabletten genommen? Musst du wirklich noch ein Glas Sekt trinken? Sie hat das schon alles im Griff, aber ich hätte keine Ruhe, wenn ich mal länger von ihr getrennt wäre.
Melanie P. Ich glaube, wir verbringen mehr Zeit zusammen als andere Paare – oder erleben die gemeinsame Zeit zumindest intensiver.
Elmar P. Die Krankheit hat uns noch viel enger zusammengeschweißt.
Wie schränkt die Epilepsie Sie ein?
Melanie P. Am meisten ist meine Mobilität eingeschränkt. Auto fahren kann ich nicht mehr. In Bus oder S-Bahn fährt die Angst auch immer mit. Inzwischen arbeite ich als freiberufliche Grafikerin von daheim aus. So muss ich mir nicht ständig Gedanken machen, wie ich ins Büro komme. Leider fehlt mir dadurch ein Kollegenkreis. Eine Festanstellung in Teilzeit, möglichst in der Nähe, wäre toll.
Elmar P. Ich hatte früher einen Job, bei dem ich viel unterwegs war und nicht eben mal nach Hause fahren konnte, wenn es ihr nicht gut ging. Also habe ich beruflich etwas zurückgeschraubt. Jetzt bin ich in einer Position, in der ich fast gar nicht mehr reisen muss.
Wünschen Sie sich Kinder?
Melanie P. Wir hätten sehr gerne Kinder gehabt. Aber es hat leider nicht geklappt. Vielleicht lag es an der Krankheit oder an den Medikamenten, die ich nehmen muss.
Die Tabletten sind also nicht nur Helfer.
Melanie P. Meine Anti-Epileptika sind schon massive Mittel mit Nebenwirkungen wie Stimmungsschwankungen. Auch Phasen mit Anfällen können die Stimmung beeinflussen. Wenn er von der Arbeit kommt und ich gerade so ein Tief habe, wünscht er sich sicher auch mal ein paar Minuten, in denen alles toll . . .
Elmar P. . . . und easy ist. Aber das gibt es ja in jeder Beziehung. Natürlich denke ich manchmal schon: So ein einfacher Schnupfen würde auch reichen, muss es denn unbedingt diese bescheuerte Epilepsie sein? Und es gibt Momente der Wut. Nicht auf sie, sondern auf die Krankheit, die einfach so kommt, ohne Vorwarnung. Vor Kurzem haben wir Freunde getroffen und – zack – in dem Moment, in dem wir sie umarmen, kommt ein mittelschwerer Anfall. Da denk ich mir natürlich: Oh nein, bitte nicht jetzt. Wir wollen doch einfach nur ein paar unbeschwerte, gesellige Stunden verbringen.
Melanie P. Es gab Nächte, da machte er aus Sorge nach einem Anfall kein Auge mehr zu.
Elmar P. Sie ist danach schnell wieder fit. Dann steht sie am nächsten Morgen da voll Energie, hat den Tag schon geplant und sagt: „Guten Morgen. Na, ausgeschlafen?“ Und ich denk nur: Oh nee, bitte nicht, ich muss erst wieder Kraft tanken. Solche Gedanken gibt es auch. Ich bin ja kein Wundermann.
Wie gehen Sie öffentlich mit der Krankheit um?
Melanie P. Das Schwierige ist, den richtigen Augenblick zu finden, um von meiner Krankheit zu erzählen. Man will ja nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen. Manche Leute haben kein Verständnis, dann geht das nach hinten los. Aber Verschweigen bringt auch nichts.
Elmar P. Einmal bekam Melanie, kurz nachdem sie eine neue Stelle angetreten hatte, einen Anfall. Wir mussten den Chef informieren. Einen Tag später war sie gekündigt. Klar, Probezeit. Das Recht hatte er auf seiner Seite. Aber er gab ihr nicht mal eine Chance.
Melanie P. Diese Erfahrung war hart, aber lehrreich. Dabei möchte ich nur ganz normal behandelt werden, wie jeder andere auch.
Sie kümmern sich mit viel Fürsorge um Ihre Frau. Wie sieht es aus, wenn Sie mal mit Fieber im Bett liegen und die Rollen vertauscht sind?
Elmar P. Bis auf die Momente, in denen es ihr selbst schlecht geht, ist sie immer für mich da und kümmert sich um mich. Unser Leben unterscheidet sich mit Ausnahme der Epilepsie nicht von dem anderer Paare.
Wer hat bei Entscheidungen das Sagen?
Melanie P. Das ist jetzt schwierig . . .
Elmar P. Sagen wir mal so: Wenn ich nach einer anstrengenden Woche am liebsten nur mal einen ganzen Tag auf dem Sofa liegen würde, meine Frau aber Lust hat, in die Stadt zu gehen – dann gehen wir meistens in die Stadt.
Melanie P. Bei mir ist es halt auch immer so, dass ich nicht so geschwind wieder nach Stuttgart oder Reutlingen komme. Da weiß ich einfach, dass ich ihn jetzt ein wenig stupsen muss.
Elmar P. Organisatorisch bin ich derjenige, der die Hosen an hat.
Melanie P. Oh ja, Steuern und bürokratischer Schriftverkehr sind nicht so meine Stärke.
Elmar P. (lacht) Das gleicht sich dafür beim Gärtnern aus. Davon habe ich keinen Plan.
Melanie P. (lacht) Ja, das stimmt.