Schon vor einigen Jahren ist das Palliativ-Netz Stuttgart gegründet worden. Doch noch ist die Initiative in den Stadtbezirken weitgehend unbekannt. Das soll sich nun ändern. Multiplikatoren sollen das Projekt und seine Ziele vor Ort ins Gespräch bringen.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Vaihingen - Der Tod ist noch immer ein Tabuthema in unserer Gesellschaft. Diesen Eindruck hat zumindest Katrin Gebicke. Die Medizinerin ist eine der beiden Koordinatorinnen des Palliativ-Netzes Stuttgart. Dieses hat es sich zur Aufgabe gemacht, dieses Tabu aufzubrechen. „Unser Ziel ist es, jedem Menschen Würde und Selbstbestimmung bis zu seinem Lebensende zu ermöglichen“, sagte Gebicke in der jüngsten Sitzung des Bezirksbeirats. Dabei hat die Initiative nicht nur die sterbenden Menschen selbst im Blick, sondern auch deren Angehörige und Trauernde.

 

Vor kurzem hat sich in Vaihingen eine Stadtteilgruppe gegründet. Derzeit gehören ihr sechs ehrenamtliche Mitglieder an. Mit dabei ist auch Bezirksvorsteher Wolfgang Meinhardt als Unterstützer und Partner des Projekts. Ihre Aufgabe ist es, das Palliativ-Netz in Stuttgart bekannter zu machen. Denn bisher hat die Initiative vor allem ein Problem: Sie weiß nicht, welche Menschen Hilfe brauchen. Das soll sich ändern. Die Ehrenamtlichen sollen als Multiplikatoren wirken, ihre Kontakte zu den Menschen im Stadtbezirk nutzen und weitere aufzubauen.

Ein Lebenscafé für Trauernde

Einer der Ehrenamtlichen ist Folkmar Schiek. Er arbeitet seit vielen Jahren als Bestatter in Vaihingen und weiß, wie wichtig eine effektive Trauerbegleitung ist. Angehörige und Freunde müssten die Chance haben, in Ruhe Abschied zu nehmen. „Die Zeit zwischen Tod und Beerdigung, die sogenannte Schleusenzeit, ist eine Zeit, die nicht wiederkommt“, sagte Schiek. Das möchte er deutlich machen – als Bestatter und als ehrenamtliches Mitglied im Palliativ-Netz Stuttgart.

Ein Lebenscafé für Trauernde

Schiek könnte sich außerdem vorstellen, ein Lebenscafé zu initiieren. „Es sollen Räume in einem ansprechenden Ambiente sein, in denen Trauernde zusammenkommen können, um sich auszutauschen“, sagte Schiek. Es soll jedoch kein fester Trauerkreis werden, sondern ein offenes Angebot für jeden .

Die Angst vor dem Sterben nehmen

„Viele Betroffene und Angehörige fühlen sich allein gelassen“, sagte Gebicke. Viele würden die Adressen, wo sie Hilfe finden, nicht kennen. Das Palliativ-Netz Stuttgart will mit Hilfe der Ehrenamtlichen in den Stadtbezirken zu Gesprächen ermutigen, Informationen sammeln und bündeln und so ein Netz knüpfen, das Sterbende und Trauernde auffängt. Mittel hierzu sind Infoveranstaltungen, Aktionen und Fortbildungen.

„Wir wollen im Stadtteil ins Gespräch kommen und die Angst vor dem Sterben nehmen und das Thema Tod zurück ins Leben holen“, sagte Gebicke. Zudem hat das Palliativ-Netz Stuttgart einen Prospekt herausgegeben. In diesem sind unter anderem die verschiedenen Organisationen aufgelistet, bei denen Sterbende beziehungsweise deren Angehörige Hilfe finden können. So stehen dort beispielsweise die Adressen der beiden Stuttgarter Hospize sowie die der Sitzwache und der Brückenschwestern.