Die Päpste Johannes Paul II., Franziskus und der „Katholikos“ Karekin II. weisen in einem Atemzug aber immer darauf hin, dass der Völkermord nicht nur ein ethnischer war, sondern auch ein religiöser. 1,5 Millionen „armenischer Christen“ seien umgebracht worden, heißt es in der Erklärung von 2001; es habe auch „katholische und orthodoxe Syrer, Assyrer, Chaldäer und Griechen“ getroffen, ergänzte Franziskus 2015 – auf die kirchliche Landschaft anspielend, die gerade im Kaukasus nicht weniger zersplittert ist als die politische.

 

Freundschaftlicher Dialog über Jahrzehnte

In Armenien ist das Christentum bereits 301 zur Staatsreligion geworden, acht Jahrzehnte früher als im Römerreich. Das Land rühmt sich daher, die „älteste Kirche“ zu sein. Dogmatischer Streit aber (Wer genau war Jesus: Nur Gott? Nur Mensch? Gott und Mensch? Aber in welcher Zusammensetzung?) führte bereits in der Antike zu Spaltungen. Politische Kriege um die Abhängigkeit von Byzanz gaben den Rest. Vom alten Kern ist, grob gesagt, die eigenständige „Armenisch-Apostolische Kirche“ übrig geblieben. Der „Katholikos“ in der Stadt Etschmiadzin ist das Oberhaupt von etwa sieben Millionen Christen, von denen die Hälfte über die Welt zerstreut lebt.

Es gibt – mit Sitz im Libanon – ein zweites „Katholikat”, dessen Beziehungen zum ersten nicht immer als harmonisch gelten. Und als drittes gibt es als Abspaltung von beiden die „Armenisch-Katholische Kirche“, die den Papst in Rom als ihr Oberhaupt anerkennt. In Fragen der Lehre stehen, durch freundschaftlichen Dialog über Jahrzehnte gefördert, die „apostolischen“ und die „katholischen“ Armenier einander heute sehr nahe. Wenigstens ökumenisch also trifft Franziskus bei seiner Reise auf offene Grenzen.