Böblingen: Marc Schieferecke (eck)

„Ich halte das für ein merkwürdiges Politikverständnis“, sagte der Grünen-Sprecher Martin Ruoff, zumal die Parkgebühren „ein brisanter Stoff sind, mit dem Stuttgart sich auch bundesweit blamieren kann“. Die Entscheidung aus der Obrigkeit befremdet auch die Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle. „Ich verstehe unter Bürgerbeteiligung nicht nur Bürgerinformation“, sagte sie.

 

Auf Antrag der Christdemokraten fordern die Lokalpolitiker, dass der Gemeinderat sich neuerlich mit dem Thema befasst. Der Beschluss fiel einstimmig. Dies auch wegen rechtlicher Bedenken. Per Definition bemisst sich die Höhe einer Gebühr nach den Kosten für den Verwaltungsakt und dem Nutzen für die Gebührenzahler; im Gegensatz zu einer Steuer, mit deren Höhe die Politik auch das Verhalten der Bürger beeinflussen darf, etwa mit der Tabaksteuer. Jene 400 Euro wurden allerdings ausdrücklich mit dem Argument festgesetzt, dass die Summe hoch genug sein muss, damit kein Autofahrer seinen Privatparkplatz an Auswärtige vermietet, um selbst billiger unter der Laterne zu parken.

Autofahrer als Spottfigur

Für eine neuerliche Beratung spricht zumindest ein bemerkenswerter Widerspruch. In den ursprünglichen Gemeinderatsunterlagen zum Thema, datiert auf den 11. April 2014, war wörtlich zu lesen, über die Höhe der Parkgebühr „muss politisch entschieden werden“. Im Klartext: vom Gemeinderat. Unterschrieben hatten das Papier gleich drei Bürgermeister: Matthias Hahn, Martin Schairer und Dirk Thürnau. Aber sogar dem Gemeinderat selbst schien es unwichtig, eine Meinung zu Protokoll zu geben. Die Sozialdemokraten hatten ausdrücklich beantragt, dass nicht die Ämter die Gebührenhöhe bestimmen, sondern die Stadträte. Die Mehrheit stimmte dagegen.

Der Bürgermeinung zum gesamten Komplex dürfte mutmaßlich ein Kommentar aus einem Zirkel außerhalb des Politikbetriebs am nächsten kommen: „Neue Parkgebühren in Stuttgart. 400 Euro für NIX!!!“. So hat es die Karnevalsgesellschaft Möbelwagen für ihre aktuelle Kampagne in Zinn gießen lassen, samt einem entsetzten Autofahrer vor einer Parkscheinsäule. Der ist die Spottfigur auf der Narrenmedaille für das Jahr 2015.