Im Prozess um die Parkplatzmorde soll ein belgischer Zeuge befragt werden. Lange hat er sich vor der Aussage gedrückt - jetzt kommt das Gericht zu ihm.

Stuttgart - Lange hat er sich um seinen Auftritt vor dem deutschen Gericht gedrückt. Jetzt sieht es aus, als müsste der belgische Unternehmer, der im Juni 2010 anscheinend nur knapp einem Mordanschlag in Freudenstadt entgangen ist, doch Rede und Antwort stehen: Am Donnerstag machen sich einige der am Prozess gegen Detlef S. Beteiligten auf in das belgische Hasselt. Im Rahmen eines Rechtshilfeersuchens der deutschen Behörden wird der Hauptbelastungszeuge dort von einer belgischen Richterin vernommen.

 

Der 62-Jährige hätte laut der Anklage das dritte Opfer des Parkplatzmörders werden können und ist womöglich der Einzige, der Detlef S. identifizieren kann. "Ich werde auf keinen Fall auf diesen Zeugen verzichten, und wenn ich ihm hinterherreisen muss", hat der Rechtsanwalt Peter Mende deswegen betont. Mende verteidigt den 56 Jahre alten Detlef S., der im vergangenen Jahr zwei Morde begangen haben soll: Der 30 Jahre alte Heiko S. wurde auf dem Hölzertalparkplatz bei Magstadt im Kreis Böblingen, der 70-jährige Hans L. an der A 5 nahe dem Frankfurter Flughafen von hinten in den Kopf geschossen. Beide Tatorte sind als Treffpunkte von Homosexuellen bekannt. Zum Motiv schweigt der Angeklagte. Es wird allerdings vermutet, dass er sich für seine HIV-Infektion an schwulen Männern rächen wollte.

Tat in Freudenstadt passt überhaupt nicht ins Bild

Die Tat in Freudenstadt, die sich an einem Sommersonntag nahe dem belebten Marktplatz ereignet hat, passt auf den ersten Blick überhaupt nicht ins Bild. Zeugenaussagen zufolge, war der Belgier mit seiner Frau auf Kurzurlaub und wollte sein Handy aus dem Auto holen. Angeblich stieg Detlef S. plötzlich auf den Beifahrersitz und verletzte den Mann mit einem Messer. Der Belgier konnte sich blutend befreien. Ob doch eine sexuelle Absicht hinter dem Treffen stand? Für mehr als Mutmaßungen reicht die Faktenlage bisher nicht aus. Auch deswegen ist die Vernehmung des Belgiers so wichtig für die Aufarbeitung, die sich bisher nur auf Indizien stützt.

Dementsprechend viele Fragen sind auch drei Monate nach dem Prozessbeginn noch offen. Zum Beispiel, was mit den rund 400.000 Euro passiert ist, die Detlef S. durch Darlehen und einen Hausverkauf binnen zwei Jahren zur Verfügung hatte und von denen fast nichts mehr übrig ist. Als er verhaftet wurde, belief sich das Soll auf allen seinen 33 Konten auf minus 17.000 Euro. Hinzu kommen nicht getilgte Schulden. Jeden Monat wurden mehrere Tausend Euro in bar abgehoben, von dem Geld fehlt jede Spur. "Der Angeklagte lebte auf großem Fuß", sagt eine Oberkommissarin im Zeugenstand. Die wirtschaftliche Lage von Detlef S. zum Zeitpunkt der Festnahme bezeichnet sie als desaströs.