Die Grünen wollen eine neue Verfassung für Deutschland. Das soll der Weg zu einer vertieften EU sein. Mit Eurobonds wollen sie die Krise besiegen.

Kiel - Als Konsequenz aus der immer dramatischeren Euro-Krise haben die Grünen überraschend eine neue Verfassung für Deutschland gefordert. Anlässlich der notwendigen EU-Vertragsreform solle eine verfassungsgebende Versammlung einberufen werden, forderte die Mehrheit der rund 750 Delegierten des Grünen-Parteitags am späten Freitagabend in Kiel. "Im Rahmen einer neuen Verfassung wollen wir dann eine stärkere Integration Deutschlands in der Europäischen Union verankern", heißt es in dem erfolgreichen Basis-Antrag.

 

Ziel ist eine demokratische EU-Reform. Das Europaparlament müsse gestärkt, die EU-Kommission zur Wirtschaftsregierung aufgewertet werden, beschloss der Parteitag laut Vorstandsantrag mit großer Mehrheit. Kommissions- und EU-Ratspräsident sollten in einem Amt zusammengeführt und direkt gewählt werden. Ein europäischer Konvent müsse die verfassungsmäßigen Grundlagen schaffen.

Die Grünen wollen die Eurobonds

Die Grünen fordern die Einführung von Eurobonds, eine Schuldenbremse für Banken, eine Trennung des Investmentbanking von den Geschäftsbanken und eine Finanztransaktionssteuer. Notwendig sei auch eine europaweite Vermögensabgabe und eine effektivere Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Steuerflucht.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) warfen sie eine Verschärfung der Krise durch unverantwortlichen Zickzackkurs vor. "Wenn Europa ein Kreuzfahrtschiff wäre, dann würden wir längst alle kotzend an der Reling hängen, weil Frau Merkel das Ruder jede Woche herumreißt in eine andere Richtung", sagte Parteichef Cem Özdemir.

Grüne Wachstumsrevolution

Der ehemalige griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou forderte als Ausweg aus der Schuldenkrise und gegen den Klimawandel als Gastredner eine grüne Wachstumsrevolution. Parteichefin Claudia Roth untermauerte mit scharfen Angriffen auf Schwarz-Gelb den Regierungsanspruch der Grünen.

Özdemir forderte eine gemeinsame Steuerpolitik und ein Austrocknen von Steuerparadiesen. Schuldenländer wie Griechenland dürften nicht fallengelassen werden. Grünes Wachstum und Investitionsmöglichkeiten seien eine Voraussetzung für die Lösung der Krise. Auf der anderen Seite müsse auch in Deutschland Schuldenabbau Vorrang haben. Papandreou forderte unter dem Jubel der Delegierten ebenso wie die Grünen eine Vergemeinschaftung der Schulden in Eurobonds.

"Werte sind verlottert"

Roth warf Union und FDP Versagen angesichts der großen Krisen vor: "Noch nie zuvor sind bürgerliche, sind christliche, sind liberale Werte so verlottert wie unter Merkel, Seehofer, Westerwelle und Co." Sie sagte: "Noch nie wurde so schamlos der Staat als Beute genutzt, um die eigene Klientel zu bedienen." Die Grünen wollten 2013 an die Regierung.

Im Kampf gegen den Rechtsextremismus forderte Roth einen neuen Anlauf für ein NPD-Verbot. Hier habe sie ihre Meinung geändert. "Da ist Trauer, da ist Entsetzen, da ist Wut über menschenverachtende Gewalt", sagte sie. "Der Naziterror ist ein politisches Erdbeben." Auch in der Klimapolitik hielt Roth der Regierung ein Scheitern vor.