Einem Patentstreit zwischen Microsoft und Google könnte der Kartendienst Google Maps zum Opfer fallen. Hinter den Kulissen wird intensiv um lukrative Lizenzen gerungen. Laut Richter handelt es sich nicht um ein „Trivialpatent“.

München - Im Patentstreit gegen Microsoft stehen der Suchmaschinenriese Google und seine Handytochter Motorola vor einer Niederlage. „Wir neigen der Klägeransicht zu“, betonte Richter Matthias Zigann bei einer von der Justiz als „Höhepunkt des Smartphone-Kriegs“ titulierten Verhandlungsrunde vor dem Landgericht München. Kläger ist Microsoft. Es geht um das mutmaßlich von Google Maps und Motorola verletzte Schutzrecht EP0845124.

 

Patentstreits sind unter Technologiekonzernen keine Seltenheit, dieser aber ist von besonderer Brisanz. Wenn das für Mai erwartete Urteil gesprochen ist und Microsoft siegt, könnte der Softwareriese nicht nur den Verkauf von Motorola-Handys verbieten, sondern auch ein Abschalten des Kartendiensts Google Maps in Deutschland verlangen. „Google müsste den Dienst einstellen“, warnte ein Anwalt des Konzerns vor dem Münchner Gericht und kritisierte das als unverhältnismäßig. Die Äußerungen von Richter Zigann seien „an jedem Punkt zu unserem Nachteil“, räumte er mit Blick auf die schlechten Prozesschancen von seiner Partei ein.

Google könnte auch Lizenzgebühren an Microsoft zahlen

Branchenkenner wie der Patentexperte Florian Müller rechnen aber auch bei einer Niederlage von Google nicht mit einer Radikallösung und der Abschaltung des Kartendienstes. Google werde eher in den saueren Apfel beißen und sich per Lizenzgebühr mit Microsoft einigen. Microsoft sei allerdings bereit, Ernst zu machen. „Wir haben eine globale Auseinandersetzung“, stellte er klar.

Das ist der eigentliche Hintergrund des Streits, bei dem Microsoft eines seiner Patente verletzt sieht. Handyhersteller wie Samsung, HTC oder LG haben es nicht auf eine Klage ankommen lassen. Sie bezahlen Lizenzgebühren von fünf bis 15 Dollar je Gerät, wollen Analysten wissen. Offiziell ist die Höhe der Gebühr für Geräte mit Android-Betriebssystem ein Firmengeheimnis. Insgesamt kassiert Microsoft wegen der zigmillionenfachen Verbreitung von Android Lizenzgebühren in Milliardenhöhe, schätzen Experten. Allein bei Google gehe es um eine dreistellige Millionensumme.

Google hat das Android-System federführend miterfunden. Tochter Motorola weigert sich bislang hartnäckig, an Microsoft eine Lizenzgebühr zu zahlen, und wird dabei von der Mutter unterstützt. Würde der Suchmaschinenriese nun wegen einer in Deutschland drohenden Abschaltung des Kartendiensts dazu gezwungen, käme das einem Dammbruch gleich, sagt Müller. Niemand würde sich in dieser Frage dann noch gegen Microsoft stellen.

Das Urteil könnte in der Folgeinstanz gekippt werden

Die Materie sei kompliziert. „Es ist kein Trivialpatent“, sagte Richter Zigann zum mutmaßlich verletzten Schutzrecht. Er könne sein, dass sein Spruch vor einer Folgeinstanz keinen Bestand habe. Das würde Google und Motorola kurzfristig wohl wenig helfen, denn in Patentverfahren können Urteile vorläufig vollstreckt werden. Das liegt in der Natur von zeitlich begrenzten Schutzrechten. Das strittige Microsoft-Patent läuft in zwei Jahren ab. Dann werden die Karten ohnehin neu gemischt.

Google Maps ist heute der Marktführer bei internetbasierten Kartendiensten. Die Anwendung ist für den Suchmaschinenkonzern eine der wichtigsten. Ohne sie droht die Abwanderung vieler Nutzer. Google Maps erhält aber zunehmend Konkurrenz zum Beispiel durch Bing Maps von Microsoft. Gestritten wird zwischen den beiden Riesen parallel vor Gerichten in den USA, Großbritannien und Deutschland.