Eigentlich dürfen frei werdenden Stellen in der Stadtverwaltung nicht neu besetzt werden. Doch es gibt Ausnahmen, weil es oft nicht anders geht.

Lokales: Mathias Bury (ury)
Stuttgart - Welche Hilfen gibt es in der näheren Umgebung, so dass ältere Menschen möglichst lange in ihren eigenen vier Wänden bleiben können? Dies ist eine von vielen Fragen, auf die Senioren und ihre Angehörigen beim städtischen Bürgerservice Leben im Alter Antworten finden. Die Ansprechpartner der Stadt sind gefragt. Doch bald könnten die Dienststellen in drei Bezirken für längere Zeit unbesetzt bleiben, weil Mitarbeiter der kleinen Einrichtungen ausscheiden und in der Stadtverwaltung eine Wiederbesetzungssperre für frei werdende Stellen gilt. Jetzt kommt es darauf an, ob das Personal- und das Finanzreferat hier eine Ausnahme machen. In einem Fall ist das jedenfalls bereits geschehen. Informationen aus einigen Bezirksämtern haben die Fraktion der Grünen aufgeschreckt. Danach werde es beim Bürgerservice im Alter "bis Mitte 2012 zu Personalengpässen kommen", sagt Grünen-Stadtrat Jochen Stopper. "Einige Büros müssen sogar für mehrere Monate geschlossen werden", kritisiert er. Und Stopper fragt, warum das Sozialamt in der Sache nicht bereits einen Antrag auf Ausnahme von der Wiederbesetzungssperre gestellt habe.

Hat es doch, sagt die Sozialbürgermeisterin Isabel Fezer (FDP) und bestätigt im Grundsatz den Sachverhalt. Es gehe um insgesamt 3,65 Stellen, die bald - im Frühjahr und dann im Herbst - wegfallen, weil Mitarbeiter ausscheiden. Dieser Umstand sei deshalb so gravierend, weil die stadtteilbezogenen Einrichtungen sehr klein und jeweils mit entsprechend wenigen Mitarbeitern besetzt seien. "Wenn da jemand rausbricht, können wir die Lücke nicht einfach füllen", erklärte Fezer. Vertretungslösungen durch Beschäftigte benachbarter Beratungsstellen seien schon deshalb nicht möglich, "weil das Angebot überall voll ausgelastet ist", so Fezer. Eben deshalb hat das Sozialamt auch einen Antrag gestellt, dass die Verwaltung in diesen Fällen eine Ausnahme von der Besetzungssperre macht.

Diese wurde im Dezember 2009 im Zuge der Haushaltskonsolidierung mit großer Mehrheit vom Gemeinderat beschlossen. Und zwar sollte jede frei werdende Stelle ein ganzes Jahr nicht mehr besetzt werden dürfen. Auf Initiative der SPD-Fraktion und gegen die Stimmen der bürgerlichen Fraktionen hat der Rat diese Zeit im Dezember 2010 auf sechs Monate reduziert und die festen Ausnahmen - etwa in Kindergärten oder Stellen, die sich durch Gebühren refinanzieren - noch erweitert. Darüber hinaus sind auch individuelle Ausnahmen von der Regel möglich, die von einer Arbeitsgruppe entschieden werden.

Personalrat: Sperre ist ein "symbolischer Akt"


Dies gilt auch für die bis jetzt für den Bürgerservice Leben im Alter beantragten 1,5 Stellen, für die "eine volle Ausnahme" bewilligt worden sei, wie der Verwaltungsbürgermeister Klaus-Peter Murawski (Grüne) ganz aktuell mitteilt. Murawski ist zusammen mit dem Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) für das Thema verantwortlich. Bei der Abwägung, ob ein Ausnahmeantrag bewilligt wird, spiele immer auch eine Rolle, dass der Dienst "im Grundsatz funktionsfähig bleibt", sagte Föll.

Aufgrund der festen Ausnahmen sind laut Verwaltung ohnehin 74 Prozent der frei gewordenen Stellen von der Wiederbesetzungssperre gar nicht betroffen gewesen, darüber hinaus hat die Verwaltung 70 Einzelausnahmen erteilt, lediglich zwölf Anträge wurden abgelehnt.

Weshalb auch nicht erstaunlich ist, dass sich der Protest von Uwe Theilen, dem Vorsitzenden des Gesamtpersonalrates bei der Stadt, gegen die Besetzungssperre in Grenzen hält. Aufgrund der wieder besseren Haushaltslage der Stadt würde Theilen diese zwar gerne ganz gestrichen sehen, aber nach der erfolgten Lockerung sei die Wiederbesetzungssperre im Grund "nur noch ein symbolischer Akt, der zeigen soll, wie ernst die Lage ist", sagt Theilen.

Mit dieser Einschätzung liegt der Personalratsvorsitzende gar nicht weit entfernt von der des Kämmerers. Denn mit der Besetzungssperre sollten im laufenden Doppelhaushalt 8,2 Millionen Euro eingespart werden, 4,1 Millionen in jedem Jahr. Im vergangenen Jahr wurde dieser Wert mit Einsparungen von rund 3,65 Millionen Euro nicht sehr weit verfehlt. Im laufenden Jahr wird das anders sein. "Von unserem Sparziel sind wir 2011 weit entfernt", sagt Michael Föll. "Mehr als eine Million Euro kommen da nicht zusammen."