Wenn die Gegenwart immer mehr dem ähnelt, was vor ein paar Jahren noch pure Science Fiction war, was hält dann die Zukunft noch bereit?

 

Stuttgart - Hier geht es in Zukunft um die Zukunft. Das StZ-Hausorakel Peter Glaser befragt einmal die Woche die Kristallkugel nach dem, was morgen oder übermorgen sein wird – und manchmal auch nach der Zukunft von gestern. Dazu als Bonus: der Tweet der Woche!

 

Dass eine Sprache, die von Außerirdischen gesprochen wird, heute zur Qualifikation für einen Job gehören kann, belegt, wie weit die Zukunft bereits von der Gegenwart eingeholt wurde. Anfang der achtziger Jahre hatten die Produzenten des Kinofilms "Star Trek III - Auf der Suche nach Mr. Spock" den Linguisten Marc Okrand engagiert, der für die nichtirdische Rasse der Klingonen eine eigene Sprache erschuf. 1985 veröffentlichte Okrand das „Klingon Dictionary". Im Frühjahr 2003 schrieb der sozialpsychiatrische Dienst im Bezirk Multnomah County im US-Bundesstaat Oregon eine Stelle für einen Betreuer aus, der fließend Klingonisch spricht. "Wir müssen die Sprache unserer Klienten sprechen", so Jerry Jelusich aus der Personalabteilung des Dienstes, der sich um etwa 60.000 Kranke kümmert. Eine Untersuchung hatte ergeben, dass einige von ihnen Klingonisch als ihre eigene Sprache ansehen und nur noch Klingonisch sprechen. Mit Hilfe des sprachkundigen Betreuers sollte die Benutzung der kleinen Klingonisch-Englisch-Übersetzungscomputer überflüssig werden, mit denen man sich bisher behalf.

Mind Control statt Maus

Vormals kühne Entwürfe aus Science-Fiction-Filmen wie „Matrix” sind längst im Hier und Jetzt gelandet. 2004 erlaubte die US Food And Drug Administration den ersten klinischen Test, bei dem einem Gelähmten erfolgreich ein "Braingate” genanntes Hirn-Computer-Interface der Firma Cyberkinetics eingepflanzt wurde. Ein zwei mal zwei Millimeter großer Chip, auf dem 100 Elektroden angebracht sind, wird dazu von einem Chirurgen in die für Bewegung zuständige Region der Hirnrinde implantiert, die sich über dem rechten Ohr befindet. Über ein aus dem Schädel führendes Glasfaserkabel sind die Neuronen mit einem Computer verbunden. Das System ermöglicht es einem Menschen, einen Computer oder einen Robotarm Kraft seiner Gedanken zu steuern, Schalter zu betätigen und zu kommunizieren.

Analysten und Risikokapital-Firmen waren zügig zur Stelle. Einer Studie des Beratungsunternehmens Arthur D. Little zufolge gibt es weltweit etwa 200.000 Menschen, denen ein solches Gerät helfen könnte. Gemeinsam mit Spezialisten für Produktentwicklung erstellten die Berater einen Businessplan für die Technologie. Cyberkinetics sammelte in drei Runden 16,5 Millionen Dollar Risikokapital ein, ehe die Firma nach einer Fusion mit Trafalgar Ventures im Oktober 2004 an die Börse ging.

Militärische Gehirnströme

Wenn die Gegenwart immer mehr dem ähnelt, was vor ein paar Jahren noch pure Science Fiction war, was hält dann die Zukunft noch bereit? Die technische Handhabung von Gehirnströmen etwa wäre auch für gesunde Menschen, die ihre Gehirnbandbreite erweitern möchten, von Interesse: Die ersten Entwicklungsschritte, die zum Bau des Braingate und ähnlicher Geräte geführt hat, waren von der Defence Advanced Research Projects Agency (DARPA) finanziert worden, der Ideenschmiede des US-Verteidigungsministeriums. Man möchte Soldaten mit einer fortgeschrittenen Version der Technologie Unterstützung „bei hochvolumigen Anforderungen an Gehirnleistung” verschaffen.

Die Planungen bei Zivilunternehmen sind auf schlichtere Ziele ausgelegt. Als Spin-Off eines neuen bildgebenden Verfahrens für Gehirnfunktionen aus seiner Medizintechniksparte hat die japanische Firma Hitachi schon vor fünf Jahren an einer Gedankensteuerung für eine Modelleisenbahn zu arbeiten begonnen. Anders als bei dem Gerät von Cyberkinetics basiert sie auf einem nicht-invasiven Verfahren, das man sich als eine Art Denkkappe vorstellen kann. Das Ganze scheint allerdings komplizierter zu sein als gedacht – bislang sucht man derlei Denk-Züge vergebens. Andere Geräte sind schon wieder vom Markt, etwa ein MindFlex genannte Konzentrationsspiel des Spielzeugherstellers Mattel, mit dem man angeblich Bällchen per Mind Control schweben lassen konnte. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigten allerdings, dass die vermeintliche Steuerung eher zufällig zustandekommt. „Hirnlotto“ nennt es der Wissenschaftsjournalist Hilmar Schmundt.

Hier eine Liste der derzeit erhältlichen Hirn-Cimputer-Interfaces.

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Und hier noch wie immer der Tweet der Woche: