Aus den Stadtteilen: Kathrin Wesely (kay)

Cai will dieses Deutschland kennen lernen. Am Wochenende setzt sie sich gern in den Zug, um neue Orte zu erkunden. Ihre landeskundliche Exkursionen führten sie bereits nach Berlin, Heidelberg, Baden-Baden, Wien, Tübingen, Neuschwanstein und Freiburg. Als Souvenirs hat sie Magnete mitgebracht, mit denen sie ihren Kühlschrank pflastert. Sie zeigt sie stolz, als wären es Trophäen. Besonders gefallen hat ihr Berlin: „Ich habe da Couch-Surfing gemacht. Die Frau, bei der ich wohnte, war sympathisch! Sie hat mich durch die Stadt geführt“, erzählt sie begeistert. Die Augen funkeln, die Hände fliegen.

 

Mit selben Eifer studiert Cai die deutsche Alltagskultur. Zorka Markovic ist einer der Menschen, die ihr dabei helfen. Zunächst war sie Cais Anleiterin bei der Pflege, heute sind die beiden Freunde. „Es hat mit einem Grillabend bei mir zuhause angefangen“, erzählt Markovic. Ihr Mann sei Lehrer und unterrichtet mittlerweile Wenjing Cai und einige der anderen chinesischen Neuankömmlinge in Deutsch. Sie selbst kocht manchmal mit den Frauen, bringt ihnen deutsche Gerichte bei. Von der Küchenausstattung ihrer Freundin zeigt sich Cai beeindruckt: „Sieht aus wie ein Labor – mit all den vielen Geräten!“ Richtig tief sind Cais Einblicke in deutsche Töpfe aber offenbar noch nicht: „Wenn ich zuhause bei mir was Deutsches zubereite, dann meistens Käsebrot.“

Ansonsten ist Essen eigentlich eher einer der Heimweh-Faktoren, genauso wie das chinesische Neujahrsfest, das sie verpasst hat. „Wissen Sie, das ist für uns wie Weihnachten“, sagt Cai. Damit wenigstens die fernmündliche Kommunikation mit der Familie in Kanton flutscht, ist sie technisch bis auf die Zähne bewaffnet. Abgesehen davon lässt ihr kleines Appartement eher auf den Typus Spartanerin schließen – zurückhaltend Ikea. Das Möbelhaus kennt sie aus China: „Genau dieselben Sachen.“ Die Wand hat sie mit einem kleinen Bild dekoriert – ein auf Seide gemaltes chinesisch Schriftzeichen. Sie hat es beim Trödler in Heslach entdeckt. „Es bedeutet ‚Frühling‘. Bloß einen Euro – mit Umrahmung!“