Die Stadt bietet ab Mitte August einen Gesprächskreis für Menschen an, die sich zu Hause um kranke Familienmitglieder kümmern.

Ludwigsburg - Karin Badenschneider weiß, was es bedeutet, einen Angehörigen zu pflegen. Sie kümmert sich zu Hause um ihren Mann, der wegen einer Erkrankung auf Hilfe angewiesen ist. Die 76-Jährige ist resolut, sie wirkt stabil und belastbar – doch bei der Pflege ihres Mannes steht sie immer wieder vor Problemen, die ihr zunächst schwer lösbar erscheinen. Sie würde sich gern regelmäßig mit anderen austauschen, die in einer ähnlichen Situation sind. Diese Möglichkeit wird es nun künftig bei der Stadt geben: Der Pflegestützpunkt richtet einen Gesprächskreis für pflegende Angehörige ein.

 

Dieser ist für Menschen gedacht, die sich um körperlich pflegebedürftige Familienmitglieder kümmern – nicht aber für Angehörige, die Demenzkranke pflegen. Denn für Letztere gibt es bereits seit Langem Angebote bei der Ludwigsburger Diakonie- und Sozialstation. „Wir wollen keine Konkurrenz aufbauen“, sagt Mariele Kerkhoff, die Leiterin des Pflegestützpunktes der Stadt. Sie habe jedoch in den vergangenen Monaten verstärkt wahrgenommen, dass auch bei den Angehörigen von Pflegebedürftigen, bei denen die körperliche Unterstützung im Vordergrund steht, ein sehr großer Bedarf für einen Austausch mit anderen Betroffenen bestehe.

Gesprächskreis als Selbsthilfegruppe

Deshalb wird von nun an einmal im Monat ein offener Gesprächskreis für Personen in dieser Situation angeboten. Wie die Angebote für Angehörige von Demenzkranken sollen die Treffen in Form einer Selbsthilfegruppe aufgezogen werden. „Das hat sich bewährt, weil die Pflegenden ja die eigentlichen Experten sind“, sagt Sybille Kostron, die Leiterin der Alzheimer-Angehörigen-Gruppe der Diakonie- und Sozialstation. Zudem gebe es in diesem Rahmen die Möglichkeit, über Gefühle zu sprechen, was allein schon eine große Hilfe sei: „Es wird als enorme Entlastung empfunden, zu merken, dass es anderen ähnlich geht wie einem selbst“, sagt Kostron.

Das bestätigt Eckart Hammer, Professor an der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg. Er beschäftigt sich schon länger mit pflegenden Angehörigen und hat oft mitbekommen, wie diese immer mehr in eine Überlastungssituation hineinrutschen. „Viele brechen die sozialen Kontakte ab, isolieren sich und können irgendwann gar nicht mehr abschalten“, sagt Hammer. Hinzu komme oft ein schlechtes Gewissen, weil viele glaubten, die Pflege nicht gut genug zu machen, oder dass sie sich schlecht fühlten, wenn sie sich über den Pflegebedürftigen ärgerten. Eine Gesprächsgruppe könne helfen, aus dem Kreislauf auszubrechen: „Es ist gut zu merken, dass man nicht allein ist“, sagt Hammer. Zudem könne der Austausch auch dazu führen, dass sich die Pflegenden die „innere Erlaubnis“ gäben, auch wieder einmal etwas für sich zu machen. „Das ist sehr wichtig“, betont Hammer. Nicht zuletzt, weil bei ständiger Überforderung die Gefahr drohe, dass Gewalt gegenüber dem Pflegebedürftigen angewandt werde.

Auszeiten nehmen, um Kraft für die Pflege zu sammeln

Schwierig sei auch, dass vor allem Frauen oft den Anspruch an sich selbst hätten, alles allein schaffen zu müssen. Männer hingegen, die inzwischen etwa ein Drittel der pflegenden Angehörigen ausmachten, täten sich meist leichter damit, externe Hilfe zu holen. „Sie haben oft eine größere innere Freiheit und können sich besser abgrenzen“, sagt Hammer, der insbesondere zum Thema pflegende Männer geforscht hat. Das sei sehr hilfreich, denn bei der häuslichen Pflege sei es das A und O, dass sich der Pflegende Auszeiten nehme, um letztlich genügend Kraft für seine anstrengende Aufgabe zu haben.

Karin Badenschneider weiß ein Lied davon zu singen. Sie versucht stets, ihre sozialen Kontakte zu pflegen und geht zum Chor oder Schwimmen, wenn es der Zustand ihres Mannes zulässt. „Solange es noch geht, mache ich das“, sagt sie – schließlich tue ihr das richtig gut.

Gesprächskreis und Informationsabende

Treffen:
Der Gesprächskreis für pflegende Angehörige findet zum ersten Mal am Mittwoch, 19. August, um 16 Uhr statt und soll anschließend einmal im Monat anberaumt werden. Die nächsten Termine sind der 16. September, der 21. Oktober, der 18. November und der 16. Dezember. Wer teilnehmen möchte, sollte sich bei Mariele Kerkhoff, der Leiterin des Pflegestützpunktes, melden unter der Nummer 0 71 41/910 31 23 oder auch per E-Mail an m.kerkhoff@ludwigsburg.de. Vor der ersten Teilnahme an einem der Treffen werden die Interessierten zu einem Vorgespräch eingeladen.

Vortragsreihe:
Der Pflegestützpunkt lädt zudem zu einer Vortragsreihe ein, die jeweils montags um 15.30 Uhr stattfinden wird. So soll es am 31. August um das Thema Pflegeversicherung gehen, am 28. September um Vorsorgevollmacht und Betreuungsrecht, am 26. Oktober um die Patientenverfügung und am 30. November um Betreutes Wohnen. Sowohl der Besuch der Vorträge als auch die Teilnahme am Gesprächskreis für pflegende Angehörige ist kostenlos.