Vor allem seit dem Amtsanritt des im Januar verstorbenen Königs Abdullah vor zehn Jahren baute Saudi-Arabien auch die übrige Infrastruktur mit Milliardensummen aus, um die Wallfahrt für die Millionen seiner Gäste reibungsloser zu gestalten. Eine 18 Kilometer lange Hochbahn, die Mekka mit den heiligen Stätten des Hadsch verbindet, hat das Chaos beim Transport der Pilgermassen reduziert. Die Kapazität der Großen Moschee wird bis zum Jahr 2020 von 750 000 auf 1,8 Millionen Pilger erweitert. Trotzdem zeigt die jüngste Katastrophe erneut, dass das Königreich und seine Führung offenbar nicht in der Lage sind, die Sicherheit und den Transport einer so großen Zahl von Besuchern zu garantieren.

 

Getrieben wird der zweifelhafte Mekka-Boom vor allem von der Königsfamilie und der mit ihr verbundenen saudischen Nomenklatura. Ganze Stadtteile wurden enteignet und niedergerissen. Das islamische Heiligtum wird mittlerweile von einem 600 Meter hohen Uhrenturm überragt. Der benachbarte Hotelkomplex hat 30 000 Zimmer, die bis zu 1000 Dollar pro Nacht kosten. Kritiker wie der saudische Historiker Madawi al-Rasheed, der an der „London School of Economics“ lehrt, bemängeln, das Ganze geschehe zwar unter dem Vorwand, man wolle mehr Platz für die Pilger schaffen. Aber letztlich fühle sich niemand wirklich verantwortlich, sagte er der „New York Times“. „In Wahrheit soll nur vertuscht werden, welche Unsummen die Prinzen und andere Saudis einstreichen.“ Ansonsten versteckten sich die Verantwortlichen hinter der frommen Formel, jeder Muslim, der auf dem Hadsch sterbe, werde als Märtyrer direkt in den Himmel auffahren. Politiker aus aller Welt, darunter Bundespräsident Joachim Gauck und Kanzlerin Angela Merkel, sprachen dem saudischen König ihr Mitgefühl aus.