Am Montag will Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) in Berlin sein Konzept zur Pkw-Maut vorstellen. Schon vorab ermahnt der bayrische Ministerpräsident Seehofer die SPD zur Koalitionstreue.

Stuttgart - Die große Koalition hat sich von Anfang an ein hohes Tempo verordnet. Die neue Regierung war gerade einmal vier Wochen im Amt, da legte Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) einen ersten Entwurf zur Rente vor und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) präsentierte Eckpunkte für die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Kurz darauf folgte der gesetzliche Mindestlohn. Diese Vorhaben sind inzwischen schon in Kraft oder sie stehen kurz vor dem Abschluss der parlamentarischen Beratungen. Selbst komplexe Vorhaben wurden rasch umgesetzt: Nur aus dem Verkehrsministerium drangen über Monate hinweg kaum Neuigkeiten: Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) brütete über der Frage, wie die Pkw-Maut aussehen soll. Am heutigen Montag will er in Berlin sein Konzept vorstellen.

 

Deutsche Autofahrer sollen nicht zusätzlich belastet werden

Obwohl es im Vergleich zu anderen Großprojekten um vergleichsweise einfache Zusammenhänge geht, tut sich Dobrindt schwer. Den Grund dafür hat Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) jüngst noch einmal benannt: Die Anforderungen des Koalitionsvertrags zur Pkw-Maut seien relativ kompliziert, sagte Schäuble. Mit der Maut sollen ausländische Autofahrer für Fahrten auf deutschen Straßen zur Kasse gebeten werden. Die Maut gibt es schon in Österreich, in der Schweiz oder Italien. So schwierig kann die Einführung doch nicht sein, mag man da denken. Doch die Koalition will deutsche Autofahrer nicht zusätzlich belasten. Das führt zu einem Dilemma, denn im europäischen Binnenmarkt dürfen EU-Ausländer nicht benachteiligt werden.

Für dieses Problem will Dobrindt eine Lösung gefunden haben. Das Ministerium verbreitete vorab erste Einzelheiten: Die Pkw-Maut, die zum 1. Januar 2016 kommen soll, könne mehr Geld in die Kassen spülen als geplant, heißt es aus dem Ministerium. Jährlich würden Einnahmen von 625 Millionen Euro erwartet. Wie das gehen soll, ohne die deutschen Autofahrer stärker zu belasten, bleibt vorerst Dobrindts Geheimnis. Es heißt, dass Dobrindt die Maut nicht nur für das Nutzen von Autobahnen erheben will, sondern für alle Straßen. Ihm schwebt vor, dass für jedes in Deutschland zugelassene Auto die Vignette automatisch per Post ins Haus kommt. Der Preis der Vignette soll sich an den Öko-Klassen und dem Hubraum der Autos orientieren. Die Angaben dafür finden sich im Fahrzeugschein. Das Prinzip ist klar: Größere Autos zahlen mehr, kleinere weniger. Da im Gegenzug die Kfz-Steuer sinken soll, gebe es für Autofahrer aus Deutschland keine Mehrbelastung. Soweit der Plan.

Fraktionschef Kauder warnt vor einem Schnellschuss

Doch bei dieser einfachen Gleichung will die EU-Kommission nicht mitmachen. Eine Verrechnung mit der deutschen Kfz-Steuer lehnt Brüssel ausdrücklich ab. Aus der CSU gibt es Hinweise, die Mautgebühr solle formal nicht mit der Kfz-Steuer verrechnet werden. Damit könnte gemeint sein, dass die Einzelabrechnung für Millionen von Autofahrern bürokratisch kaum zu bewältigen ist. Dobrindt denkt wohl daran, die Kfz-Steuer pauschal in Höhe des jeweiligen Vignettenpreises zu reduzieren. Ob dabei die EU mitmacht, ist offen. Die Umsetzung wird in jedem Fall schwierig. Unklar ist, was beispielsweise Schwerbehinderte zu erwarten haben, die bei der Kfz-Steuer begünstigt werden.

Die CSU will erreichen, dass ausländische Autofahrer zahlen sollen. Laut „Spiegel“ ist ein ähnliches Preissystem geplant, wie es Österreich-Urlauber kennen: Eine Vignette mit zehn Tagen Gültigkeit soll zehn Euro kosten, eine mit zwei Monaten Gültigkeit 20 Euro. Die Jahresvignette, die sich an den Öko-Klassen der Autos orientiert, kostet dann im Schnitt 60 bis 70 Euro. Beim Verkauf von Jahresvignetten an den Grenzen wäre demnach einiger Verwaltungsaufwand erforderlich. Die Nachbarländer kündigten bereits Klagen an. Von Bedenken will die CSU nichts wissen. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hat die Koalitionspartner an die Vertragstreue erinnert. „Jetzt erwarten wir, dass unsere Koalitionspartner auch unseren Verkehrsminister unterstützen – und nicht neue Hürden aufbauen. Ich fange bei der Maut nicht wieder bei Adam und Eva an zu diskutieren“, sagte Seehofer. Er wies ausdrücklich darauf hin, dass die CSU etwa beim Mindestlohn einen Kompromiss mitgetragen habe. Dies erwartet der CSU-Chef auch von den Partnern. Doch in der Koalition herrscht Skepsis, wie Äußerungen des Unions-Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder zeigen. Er warnte vor einem Schnellschuss. „Die Zeit drängt nicht“, sagte der CDU-Politiker. Wichtiger ist ihm, dass eine tragfähige Lösung gefunden wird.