Das Verwaltungsgericht Karlsruhe prüft, ob die Universität Heidelberg der FDP-Politikerin Silvana Koch-Mehrin den Doktortitel zu Unrecht entzogen hat. Koch-Mehrin jedenfalls wehrt sich mit allen juristischen Mitteln dagegen.

Karlsruhe - Der Termindruck, sagt der Anwalt Christian Birnbaum, habe seine Mandantin Silvana Koch-Mehrin (FDP) vor dem Kommen nach Karlsruhe abgehalten. Morgens habe die Europaabgeordnete ein „handelspolitisches Frühstück“ mit Vertretern der EU-Kommission, dann Fraktionssitzung, später ein Treffen mit dem Bundesverband für Außenwirtschaft. Birnbaum vertritt Koch-Mehrin als Klägerin vor dem Verwaltungsgericht.

 

Mit allen juristischen Mitteln wehrt sich die 41-jährige Politikerin gegen die Aberkennung ihres Doktortitels wegen Plagiatsvorwürfen durch die Uni Heidelberg vor einem Jahr. In Folge der Plagiatsvorwürfe hat sie alle Ämter verloren – zuletzt ihre Mitgliedschaft im EU-Forschungsausschuss, politisch steht sie vor einem Scherbenhaufen. Die Jungen Liberalen in Karlsruhe veranstalteten kürzlich nach einer „Panorama“-Sendung über geschwänzte Sitzungen eine Protestaktion gegen Koch-Mehrin und forderten ihren Rücktritt.

Unsauberes Arbeiten eingeräumt

In der mündlichen Verhandlung werden die Vorwürfe der Uni Heidelberg gegen die 200 Seiten starke Dissertation über die „Lateinische Münzunion von 1865 bis 1927“ wiederholt. Auf 80 Seiten und an 125 Fundstellen seien Plagiate zu finden gewesen, Koch-Mehrin habe aus 32 Publikationen zitiert, aber 22 nicht angegeben. Von „handwerklichen Defiziten“ hat auch Koch-Mehrin schon in Stellungnahmen gesprochen, allerdings wies sie die inkriminierten Stellen auch der Beschreibung historischer Ereignisse und Begriffsklärungen zu. Dass es unsauberes Arbeiten gegeben habe, räumt ihr Anwalt ein. Das berühre aber den wissenschaftlichen Gehalt der Arbeit nicht. „Sie verharmlosen das kolossal“, wirft ihm darauf der Jurist der Uni Heidelberg, Stefan Treiber, vor. Eine materielle Prüfung der Plagiatsvorwürfe findet in der eineinhalbstündigen Sitzung nicht statt; der Klagevertreter bringt vielmehr formale Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Uni-Promotionsausschuss vor: Beispielsweise sei laut zweier VGH-Entscheidungen nicht der Ausschuss, sondern der Vorstand der Fakultät für den Titelentzug zuständig. Fraglich sei auch, ob die Pro-Rektorin für Lehre den Bescheid gegen einen Widerspruch formulieren dürfe.

Diverse Schriftstücke müssen nachgereicht werden

So entsteht der Eindruck advokatischer Winkelzüge, zumal der Anwalt auf ein genaues Protokoll drängt. Da Schriftstücke wie der Geschäftsverteilungsplan der Uni fehlen, wird die Verhandlung vertagt. Ein mündlicher Sitzungstermin findet nicht mehr statt, das Gericht wird nach Aktenlage entscheiden. Sie erwarte jetzt die Schriftsätze und die Stellungnahmen, sagt die Vorsitzende Richterin Christine Warnemünde. Falls da die vorgebrachten Verstöße festzustellen seien, sage das noch nichts über die Rechtmäßigkeit des Bescheides zur Aberkennung des Doktortitels aus.

Sollte das Gericht Koch-Mehrins Klage abweisen, könnte sie bei der nächst höheren Instanz die Zulassung auf Revision beantragen. Dass Politprominenz auf dem Klageweg einen aberkannten Doktorgrad zurückverlangt, kommt bisher vor allem in der liberalen Fraktion des EU-Parlaments vor. Auch der Abgeordnete Jorgo Chatzimarkakis (FDP) klagte gegen die Aberkennung des Titels durch die Uni Bonn, unterlag aber vor dem Verwaltungsgericht Köln, das ihm „Täuschung“ attestierte.