Tilo Schad ist ein Bildersammler. Er kann mit den Fotografien etliche Geschichten aus und über sein Plieningen erzählen. Mit den Landfrauen unternahm er eine Reise durch 130 Jahre Ortsgeschichte.

Plieningen - Der Ortshistoriker Tilo Schad sammelt Bilder aus Leidenschaft. „Es ist mein Hobby. Andere spielen Fußball, und ich mache eben das“, sagt der Plieninger. Am Mittwoch unternahm er mit den Landfrauen im Alten Rathaus eine kleine Reise durch den Stadtbezirk. Unter dem Titel „Plieningen – gestern und heute“ zeigte er Bilder aus vergangenen Zeiten bis in die Gegenwart, allesamt aus seiner eigenen Sammlung. Er habe sie von Verwandten und Bekannten bekommen, erzählte der Hobbyhistoriker: „Sie haben mir die Bilder überlassen, statt sie wegzuwerfen.“

 

130 Jahre Zeitreise

Das älteste datierte Bild ist von 1878, die neueren stammen aus dem Jahr 2008 – die Zeitreise ging also über 130 Jahre. „Ich kann aber nicht immer sagen, wie alt ein Bild oder eine Postkarte ist. Manchmal, wenn keine genaue Jahreszahl dabeisteht, kann ich es nur erraten“, so Tilo Schad.

Er begann die Schau mit einem Foto aus den 1950er-Jahren vom Plieninger Rathaus, das nach der Eingemeindung entstanden war. Besonders viele Bilder besitzt Schad von den Lokalen im Bezirk. „Es gab einmal 20 Gasthäuser hier bei uns“, berichtete er und wusste zu jedem eine kleine Anekdote zu erzählen. Beim Ochsen etwa mussten die Gäste durch den normalen Hauseingang, um in den Schankraum zu gelangen. Auch mit der Martinskirche befasste sich Schad intensiv. Er hat schon so manche Führung durch den Sakralbau angeboten. Bei einem Umbau, der wegen der wachsenden Einwohneranzahl nötig war, fand man Knochen. „Ich vermute, dass dort einmal der Friedhof war und deswegen die Knochen dort lagen“, erläuterte Schad.

Spatzenkästen aus der Empore

Die älteste Aufnahme der Kirche ist von 1901, als es im Innenraum noch eine barocke Empore gab. 1965 wurde diese abgerissen. Aus dem Holz wurden Spatzenkästen gefertigt, die für die neue Orgel verkauft wurden. „Zum Glück wurde das Gatter zu der Empore noch entdeckt und wieder restauriert. Es befindet sich jetzt in der Kirche“, sagte Tilo Schad. Bei der Restaurierung wurden zudem Bilder aus dem 18. Jahrhundert gefunden, die nun wieder an ihrem angestammten Platz in der Kirche hängen.

Wer es noch nicht wusste, erfuhr es am Mittwochabend: Plieningen hat einige Besonderheiten und Rekorde zu bieten. „Wir hatten den größten Brunnen auf den Fildern, der aus mehreren Teilen bestand“, erklärte Schad. Darüber hinaus stehe das älteste Schulhaus der Filder in Plieningen. In dem Gebäude an der Ressestraße haben einige der Zuhörer selbst schon die Schulbank gedrückt, wie sie berichteten. Das Publikum löcherte Schad mit Fragen, mancher schwelgte in Erinnerungen, erkannte das eine oder andere Bild – oder sogar Personen darauf.

Eigene Geschichten eingeflochten

Schad verstand es, eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart zu schlagen. Der Ortshistoriker flocht Geschichten aus seiner Familie und dem Bekanntenkreis ein und wusste zu berichten, wer wann in welchem Gebäude lebte und wer heute darin wohnt. Am meisten verblüffte das Publikum das Bild der alten Mühle. Heute befindet sich an der Stelle nur noch eine Wiese. „Das ist wirklich schade. Man hätte touristisch sicher sehr viel daraus machen können“, bedauerte Tilo Schad.

Auch über die Umgebung rund um Plieningen konnte er einiges berichten. So war der Langwieser See einst ein Eissee. Im Winter holten die Menschen dort das Eis, das sie in ihren Kellern lagerten. „In alten Karten wird der See auch manchmal noch als Eissee beschriftet“, so Schad.

Sein Herz schlägt eben für Geschichte und alte Gebäude, deshalb spendete Tilo Schad auch sein Vortragshonorar. „Das ist für die Renovierung der Martinskirche. Da muss es jetzt mal vorwärtsgehen“, sagte der Ortshistoriker und behielt nur den Imkerhonig, den er von den Landfrauen bekam, für sich.