Der Ausbau der Wasserstraße Neckar stockt. Politiker aus der Region wollen nun erreichen, dass die Schleuse in Besigheim für größere Schiffe verlängert wird, und so die Wende einleiten. Doch die Entscheidung darüber liegt beim Bundestag.

Plochingen - Die Hoffnungen der im Gebäude der Plochinger Hafenverwaltung versammelten Politiker liegen auf Besigheim (Kreis Ludwigsburg). Norbert Barthle will sich in Berlin dafür einsetzen, dass ein Ausbau der Neckarschleuse Besigheim im Bundesverkehrswegeplan festgeklopft wird. Das hat der parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium bei einem Besuch einer CDU-Delegation in Plochingen erklärt, denn eine Verlängerung in Besigheim – da war sich die Runde einig – könnte zu einem Aufbruchsignal für die Frachtschifffahrt auf dem Neckar zwischen Heilbronn und Plochingen werden.

 

Bis jetzt liegt ein Ausbau auf dieser Strecke in weiter Ferne. Zunächst sollen die elf Schleusen zwischen Mannheim und Heilbronn für Schiffe mit einer Länge von 135 Metern erweitert werden. Bis es so weit ist, könnten 15 Jahre verstreichen. Die 16 Schleusen zwischen Heilbronn und Plochingen indessen haben eine niedrigere Priorität. Bis auch diesen Abschnitt nicht nur die bisher höchstens 105 Meter langen Schiffe, sondern auch die längeren Frachter passieren können, wird noch sehr viel mehr Wasser den Neckar hinunterfließen.

Mehrkosten von fünf Millionen Euro

Viele der bis zu 80 Jahre alten Neckarschleusen sind angegriffen und sanierungsbedürftig. Die Schleuse in Besigheim muss Norbert Barthle zufolge ersetzt und soll im selben Zug verlängert werden. Die neue Schleusenkammer stieße dann nicht wie bisher schon bei 105 Meter langen Schiffen an ihre Kapazitätsgrenze, sondern ermöglichte bis zu 135 Meter langen Frachtern die Durchfahrt. Zwar gebe es Bedenken des Bundesrechnungshofs, aber die Mehrkosten hält der Staatssekretär angesichts der geschätzten 97 Millionen Euro für die größere Variante gegenüber der kleineren (92 Millionen Euro) für vertretbar.

Denn der ökonomische und der ökologische Nutzen liegt für Vertreter aus Politik und Wirtschaft in Baden-Württemberg auf der Hand. Mehr Güter auf den Fluss zu verlagern entlastet die Straßen vom Lastwagenverkehr. Besonders in der staugeplagten Region Stuttgart wiegt dies schwer. Der Vorsitzende des Verbands Region Stuttgart, Thomas Bopp, weist auf die Bedeutung der Logistik für den Industriestandort hin. Für ihn brächte ein Ausbau in Besigheim zumindest etwas Bewegung in die derzeit festgefahrene Situation und wäre mit der Botschaft verbunden: „Der Neckar ist nicht zweigeteilt.“

Landtag steht geschlossen hinter der Verlängerung

Alle Fraktionen im Landtag stehen hinter der Schleusenverlängerung, wie sich jüngst im Verkehrsausschuss zeigte. Der CDU-Fraktionsvorsitzende und Herausforderer von Winfried Kretschmann bei der Landtagswahl im nächsten Jahr, Guido Wolf, fordert die grün-rote Regierung auf, noch mehr Druck im Bund auszuüben. Damit stiegen die Chancen der Neckarschleusen, sich im bundesweiten Wettbewerb der Infrastrukturprojekte zu behaupten. Der Esslinger SPD-Abgeordnete Wolfgang Drexler betont indessen, dass seine Fraktion schon seit Langem für den Ausbau der Bundeswasserstraße kämpfe, und sieht die Verantwortung vor allem in Berlin.

Der Entwurf des neuen Bundesverkehrswegeplans wird im Herbst aufgestellt. Zur beabsichtigten Aufnahme Besigheims sagte Barthle: „Das werde ich in meinem Haus so durchsetzen.“ Im nächsten Frühjahr oder Sommer entscheide dann der Bundestag über den Plan. Bis wann der Neckar nicht nur für Fische, sondern auch für 135-Meter-Schiffe durchgängig sein wird, dazu wagt Barthle aber keine Prognose.

Noch können 135-Meter-Schiffe nicht auf dem Fluss fahren

Schifffahrt
Der Neckar ist in der Zeit von 1921 bis 1968 auf einer Länge von 203 Kilometern zu einer Bundeswasserstraße ausgebaut worden. Laut dem Amt für Neckarausbau Heidelberg fahren auf dem Fluss bis jetzt nur Güterschiffe mit einer Länge von höchstens 105 Metern und einer maximalen Breite von 11,45 Metern.

Potenzial
Einer Prognoseaus dem Jahr 2006 zufolge würden viele Unternehmen 135-Meter-Schiffe auf dem Neckar fahren lassen, wenn dies möglich wäre. Der Güterverkehr auf dem Fluss könnte so ausgebaut und die Straßen entlastet werden. Politik und Wirtschaft würden dies begrüßen. Doch dazu ist eine Verlängerung der vielen Schleusen nötig.

Technik
Für eine Schleusenverlängerung müssen laut dem Amt für Neckarausbau jeweils ein neues Schleusenhaupt und ein neuer Kammerblock gebaut werden. Auch die Antriebe der Tore werden, wenn nötig, modernisiert.