21 Stunden war die Raumsonde „New Horizons“ auf sich allein gestellt und absolvierte automatisch alle Messungen, während sie am Zwergplaneten Pluto vorbeiflog. Nun hat sie sich zurückgemeldet und es beginnt das Herunterladen der Fotos und Messdaten. „Ein großartiger Tag“, twittert Barack Obama.

Stuttgart - Bemüht gelassen spult Alice Bowman ihre Fragen ab. Wie geht es der Sonde? Und wie den wissenschaftlichen Instrumenten an Bord? Sind Daten gesammelt worden? „Nominal“, bekommt sie immer wieder durch ihre Kopfhörer als Antwort zu hören. Also alles in bester Ordnung. Der Flugleiterin schießen Freudentränen in die Augen, als sie sich im Nasa-Kontrollzentrum im US-Bundesstaat Maryland schließlich an ihr Team wendet. „Wir haben eine gesunde Raumsonde.“ Die Kollegen springen von den Stühlen auf, klatschen und jubeln.

 

„Wir haben es geschafft“, ruft der wissenschaftliche Leiter der Mission, Alan Stern, kurz darauf bei einer Feier für das Team. „Es war ein kleiner Schritt für New Horizons, aber ein gigantischer für die Menschheit.“ Die Sonde ist am Zwergplaneten Pluto vorbeigeflogen – nach einer Reise von mehr als neun Jahren und fünf Milliarden Kilometern und als erster irdischer Flugkörper überhaupt. „Pluto hatte gerade seinen ersten Besucher“, schreibt US-Präsident Barack Obama bei Twitter. Es sei ein großer Tag für Entdeckungen und für sein Land. Ein sichtlich ergriffener Nasa-Chef Charles Bolden schwärmt von einem „phänomenalen Tag“ und einem „historischen Meilenstein“.

Der eigentliche Höhepunkt der rund 700 Millionen Dollar teuren Mission liegt da schon einen halben Tag zurück. Am Dienstag um 13.49 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit raste New Horizons mit rund 50.000 Stundenkilometern am Pluto vorbei und untersuchte ihn währenddessen mit sieben wissenschaftlichen Instrumenten. Sie absolvierte das Programm automatisch. Erst einige Stunden später drehte sie sich so, dass die Antenne zur Erde zeigt. 4,5 Stunden später, um kurz vor drei Uhr deutscher Zeit traf das erste Funksignal auf der Erde ein. „Ich bin völlig ausgerastet und war total gestresst, während wir auf das Signal gewartet haben“, gesteht Alice Bowman später. „Aber die Sonde ist glücklich, und die Daten sind gesammelt. Für mich ist damit ein Kindheitstraum wahr geworden, das ist unbeschreiblich.“

Das Herz auf der Oberfläche ist nicht einheitlich

Noch aber sind nur ein paar technische Basisdaten über den Zustand der Sonde zur Erde geschickt worden. Zuvor veröffentlichte die Nasa bereits ein am Montag aufgenommenes Foto vom Pluto in bisher unerreichter Auflösung. Hunderttausende Menschen kommentierten das Bild im Internet – und entdeckten auf der Oberfläche des Zwergplaneten die Form eines Herzens. In der Nacht zum Mittwoch fügten die Nasa-Forscher eine Falschfarbenaufnahme hinzu, in der die Farbvariationen der Oberfläche deutlicher zu erkennen sind. Sie zeigt, dass sich die beiden Hälften des Herzens unterscheiden (siehe Bildergalerie). Beim Mond Charon sieht man in der Nähe des Nordpols einen dunklen Fleck, der womöglich auf gefrorene Kohlenstoffverbindungen zurückgeht. Für die Analyse der Bilder benötigen die Forscher jedoch zusätzliche Daten von den anderen Instrumenten.

Mehrere Monate lang sollen die beim Vorbeiflug gesammelten Daten und Fotos nun zur Erde geschickt und ausgewertet werden. „Noch haben wir gar nichts gesehen, das war erst der Anfang“, sagt Nasa-Manager John Grunsfeld. „Die Sonde ist voller Bilder – wir können es gar nicht erwarten.“ Am Mittwochmorgen ist New Horizons schon fast 900.000 Kilometer vom Pluto entfernt. In drei Jahren, so der Plan, soll sie an einem kleinen Brocken des Kuipergürtels vorbeifliegen, der das Sonnensystem umgibt.