In Zeiten, in denen Politik verrückt geworden ist, braucht es eigentlich keinen Fasching, findet StZ-Autor Armin Käfer.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Stuttgart - Was passiert, wenn der neue US-Präsident Donald Trump zum ersten Staatsbesuch nach Deutschland kommt? Eine saisonal typische Antwort kommt aus der Bütt: Normalerweise seien bei solchen Anlässen die Kanaldeckel verschweißt, „aber diesmal werden wir sie offen lassen“, so tönt ein Narr aus Mainz. Tätäää-tätäää-tätäää! Manchen bleibt bei solchen Sprüchen vielleicht das Lachen im Halse stecken. Andere werden zum Schluss kommen, dass die Realität skurriler ist als jede Narretei. Haben der Karneval, die Fasnet, der Fasching noch Platz in einer Zeit, da Spott zum präsidialen Umgangston und Tabuverletzungen zum Alltag gehören?

 

Seit Aristoteles gilt der Homo sapiens auch als „Homo risibilis“: als lächerliches Wesen. Die Unvernunft ist weiter verbreitet als die mit dem Beiwort „sapiens“ behauptete Weisheit. Sie findet sich bis hinauf in höchste Ämter. Ihr gilt der Hohn der Narren. Eine andere Art der Unvernunft ist schuld an der erhöhten Uniformpräsenz für mehr Sicherheit. Islamisten verstehen eben keinen Spaß.

Feiertage der Unbotmäßigkeit

Die Zeit zwischen dem Schmutzigen Donnerstag und dem Vorabend des Aschermittwochs – das waren seit eh und je Feiertage der Unbotmäßigkeit. Narren tanzen der Wichtigkeit, sei sie nun real oder bloß eingebildet, auf der Nase herum. Ihre Maskerade dient auch dem Zweck, die Mächtigen zu demaskieren, deren Schwächen und Verfehlungen. Das wird heute auch wieder bei den Rosenmontagsumzügen zu besichtigen sein – sofern sie nicht wegen Terrorgefahr ausfallen müssen.

Im Mittelalter wurden über die Fastnachtstage „Eselsmessen“ zelebriert, um die kirchliche Obrigkeit zu verhöhnen. Bis heute müssen sich weltliche Regenten gefallen lassen, in Büttenreden und auf Umzugswagen durch den Kakao gezogen zu werden. Ohne Politik hätten die Narren definitiv weniger zu lachen. So sind zum Beispiel Trump-Perücken mancherorts ausverkauft. Wie amerikanische TV-Komödianten arbeiten sich auch fastnächtliche Spaßvögel am US-Präsidenten ab. Er spielt eine Hauptrolle unter den Pappkameraden auf den Umzugswagen. „Donald Trump macht Karneval great again“, titelt die in solchen Zeiten jecke „Rheinische Post“.

Taugen Trump & Co wirklich zur Witzfigur?

Doch taugen Leute wie Trump oder seine als Exzentriker ähnlich talentierten Amtskollegen Erdogan und Putin wirklich zur Witzfigur? Putin posiert gerne wie Old Shatterhand, Erdogan verleitet zu majestätsbeleidigender Komik, und Trump führt sich gelegentlich auf wie ein Politclown – wirklich lustig ist das nicht. Wozu bedarf es aber noch närrischer Persiflage, wenn manche Auftritte dieser Präsidenten ohnehin ausschauen wie Videoclips der „heute-show“ und präsidiale Twitter-Botschaften sich lesen, als kämen sie aus der Satireredaktion des „Postillon“? Ist die Welt schon zu verrückt für fastnächtliche Späße? Die bewegen sich an den Rändern des guten Geschmacks, übertreten gezielt die Grenzen des Anstands, feiern die Unvernunft – aber gilt das nicht auch für manche Einlassungen der Herren Trump & Co.? Und ist das nicht gerade das Geschäftsprinzip von 28 Comedy-Sendungen, die an ganz gewöhnlichen Wochenenden (nicht zur fünften Jahreszeit!) auf deutschsprachigen TV-Kanälen zu sehen sind? Der Spaß droht an der Spaßinflation zu ersticken, die närrische an der realen Unvernunft.

Wem das Lachen nicht ohnehin längst vergangen ist, der kann darob ins Grübeln kommen, ob Karneval noch als Auszeit wahrgenommen wird oder bloß als Spielart einer Wirklichkeit, die auch so schon kopfsteht. Um all die Trumps und anderen karikaturbedürftigen Gestalten von Aschermittwoch an wieder ertragen zu können, hilft vielleicht eine Erkenntnis, die uns William Shakespeare schriftlich hinterlassen hat: „Der Narr hält sich für weise, aber der Weise weiß, dass er ein Narr ist.“