Die grün-rote Landesregierung plant eine große Polizeireform. Am Donnerstag hat das Parlament seine Beratungen darüber begonnen. CDU und FDP halten die Reform für zu teuer, zu riskant und für mitarbeiterfeindlich.

Stuttgart - Das Thema Sicherheit ist im politischen Geschäft immer gut für Zuspitzungen. Das gilt auch für die von Grün-Rot aufgelegte Polizeireform. 82 Seiten lang ist der Gesetzentwurf, der am Donnerstag erstmals im Parlament beraten wurde. Aus Sicht der Opposition ist darin ein Vorhaben zusammengefasst, das die Sicherheit im Land gefährdet. „Sinnvolle Reformen bei der Polizei ja; aber diese Mammutreform ist überdimensioniert, viel zu riskant, viel zu teuer, und sie lässt tausende Mitarbeiter als Verlierer zurück“, sagte der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Thomas Blenke. Für den Polizeifachmann der SPD, Nik Sakellariou, hingegen birgt das Projekt das Potenzial, bundesweit zum Standard für ähnlich gelagerte Strukturreformen erhoben zu werden.

 

Dass Baden-Württemberg zu den sichersten Ländern gehört, ist unumstritten. Laut Innenminister Reinhold Gall (SPD) muss die Reform sein, damit das so bleibt. Die Polizei habe es mit „neuen und veränderten Aufgabenfeldern“ zu tun, etwa politisch motivierter Kriminalität oder Verbrechen im Cyberspace. Dem entgegen zu wirken sei angesichts der vom Etat gesetzten Grenzen eine Herausforderung. Mit dem vorhandenen Personal und in der gegenwärtigen Organisation sei das auf Dauer nicht sachgerecht zu bewältigen.

Nur noch zwölf Polizeipräsidien in der Fläche

Zur Straffung der Organisation will Grün-Rot die vier Landespolizeidirektionen und die 37 Präsidien in zwölf vergleichbar leistungsstarken und regional zuständigen Polizeipräsidien aufgehen lassen. Außerdem werden die bisherige Bereitschaftspolizei, alle Spezialeinheiten, Hubschrauberstaffel, Wasserschutzpolizei und Polizeireiter in einem Präsidium gebündelt. Gleiches gilt für die technischen Einheiten. Ein drittes Spezialpräsidium fasst Aus- und Fortbildung sowie Personalgewinnung zusammen.

Diese Umstrukturierung bedeutet für viele Beamte, dass ihr Arbeitsplatz an einen anderen Ort verlegt wird. Gall wies in dem Zusammenhang darauf hin, dass „kein Gesetz so transparent auf den Weg gebracht“ worden sei wie dieses. Bei 300 Veranstaltungen habe man mit Betroffenen und Verbänden diskutiert. Gall: „Die Polizei steht in großer Breite hinter dem Projekt.“

Kaum spürbarer Personalzuwachs?

Das glaubt die Opposition nicht. „Wir finden niemanden, der sagt, diese Reform sei der große Wurf“, erklärte CDU-Mann Blenke. Aber hinter vorgehaltener Hand werde „mit Sorgenfalten im Gesicht“ Skepsis laut. „Kein Mensch begreift die neuen angeblich polizeifachlich motivierten Gebietszuschnitte.“ Die Bürger würden die Nachteile spüren, etwa wenn es aufgrund größerer Entfernungen viel länger dauere, bis Polizei am Einsatzort ist. Zudem koste die Reform „dauerhaft richtig viel Geld“.

In die gleiche Richtung zielte Ulrich Goll (FDP). Der Ertrag der Reform liege im Promille-Bereich. In den Polizeirevieren sei der durch die Umstrukturierung möglich gemachte Personalzuwachs kaum spürbar. „Dafür nimmt man in Kauf, dass die Polizei auf Jahre hinaus mit sich selbst beschäftigt ist“, sagte Goll. Das Projekt sei fast schon ein Fall für den Rechnungshof. „Muss man so viel kaputt hauen, nur um ein paar Sachen besser zu machen.“

Oma Häberle und ihr Schutzmann

Für Grüne und SPD sind das Zerrbilder, die die Opposition zeichne, „weil Sie die Versäumnisse Ihrer Regierungszeit beschönigen wollen“, rief Uli Sckerl (Grüne). „Sie haben der Polizei jahrelang moderne Strukturen verweigert.“ Sie sei Extrembelastungen ausgesetzt, „weil Sie nicht in der Lage waren, rechtzeitig zu reagieren“. Für die Koalition sei wichtig, „dass Oma Häberle zwei Straßen weiter ihren Schutzmann findet“, und nicht dass der Landrat einen Polizeipräsidenten vorweisen könne. Das sei doch das Entscheidende: „Wir garantieren den Erhalt aller Reviere im Land.“

Jetzt folgen die Ausschussberatungen. Die zweite Lesung, in der das Gesetz verabschiedet werden soll, findet noch vor der Sommerpause statt. Wirksam würde die Reform dann zum 1. Januar 2014.