Nach einer engagierten Debatte sprechen sich die Parlamentarier für die umstrittene PID aus.

Berlin - Die umstrittene Präimplantationsdiagnostik (PID) wird in Deutschland per Gesetz in engen Grenzen zugelassen. Im Bundestag stimmten nach einer ausführlichen Schlussdebatte am Donnerstag 326 Abgeordnete jenseits aller Parteigrenzen dafür, Paaren mit einem Risiko erblicher Krankheiten oder Behinderungen solche Gentests bei künstlicher Befruchtung zu ermöglichen. 260 von 594 teilnehmenden Parlamentariern stimmten dagegen, acht enthielten sich.

 

Zuvor hatten die Abgeordneten in einer teils emotionalen Debatte ohne Fraktionszwang rund vier Stunden lang um ihre Positionen gerungen. Zur Abstimmung standen zunächst drei Vorschläge - ein striktes Verbot der PID, ein Verbot mit Ausnahmen oder eine begrenzte Zulassung. Alle drei hatten Anhänger in allen Fraktionen. Doch fand die begrenzte Zulassung bereits in einer ersten Richtungsentscheidung eine Mehrheit. In einer zweiten namentlichen Abstimmung wurde das Gesetz dann in dritter Lesung unter Dach und Fach gebracht.

Bei der PID werden Embryonen aus künstlicher Befruchtung in einem sehr frühen Stadium auf Erbkrankheiten oder Behinderungen untersucht. Nur gesunde Embryonen werden danach in den Mutterleib eingesetzt. Kranke Embryonen werden verworfen.

FDP-Politikerin Flach: "Kein Dammbruch durch Zulassung"

Für die Zulassung der PID geworben hatten unter anderen Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU), ihr Parteikollege Peter Hintze und die FDP-Gesundheitspolitikerin Ulrike Flach. Die Gewissensentscheidung solle den oft leidgeprüften Eltern überlassen bleiben, sagte von der Leyen. Hintze sagte, die Methode helfe, Fehl- oder Totgeburten und Abtreibungen zu vermeiden, weil kranke Embryonen nicht eingepflanzt würden. In einem Land, in dem Abtreibung erlaubt sei, wäre es widersinnig, die Vermeidung von Abtreibung zu verbieten, fügte der CDU-Politiker hinzu.

Flach wies auch das Argument zurück, dass mit der begrenzten Zulassung ein Dammbruch absehbar sei. Es gehe nur um wenige Hundert Fälle, und über jeden einzelnen würde eine Ethikkommission entscheiden, sagte die FDP-Politikerin. Für diese Position warben unter anderen auch der SPD-Abgeordnete Karl Lauterbach, die CDU-Politikerin Katherina Reiche und der Grünen-Abgeordnete Jerzy Montag. Sie fand letztlich eine Mehrheit.

Kauder, Nahles und Bender für ein PID-Verbot

Für ein PID-Verbot traten dagegen neben Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) und dem Patientenbeauftragten Wolfgang Zöller (CSU) die SPD-Politiker Wolfgang Thierse und Andrea Nahles, die Linken-Abgeordneten Ilja Seifert und Kathrin Vogel sowie die Grünen-Abgeordneten Katrin Göring-Eckardt und Birgitt Bender ein. Zöller sagte das „Recht auf Leben darf nicht zur Disposition gestellt werden“. Der Schutzauftrag des Staates gegenüber Menschen mit Behinderung dürfe nicht ausgehebelt werden. Auch Kauder sagte: „Es geht heute um die Ethik des Lebens.“ Mit der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle werde der „Lebensprozess in Gang“ gesetzt. Doch unterlagen die Befürworter des Verbots in der Abstimmung.

Keine Chance hatte auch eine Kompromissformel des SPD-Abgeordneten René Röspel und anderer, der eine Zulassung der PID nur in wenigen Ausnahmefällen vorgeschlagen und die Vorstellungen von Flach und Hintze als zu weitgehend zurückgewiesen hatte. Diese könne er nicht mittragen, weil damit letztlich eine PID bei allen Embryonen aus künstlicher Befruchtung möglich wäre, sagte Röspel. Gestattet werden solle sie nur bei Eltern mit einer entsprechenden erblichen Belastung und einem hohen Risiko für eine Fehl- oder Totgeburt. Es gehe also um Embryonen, die ohnehin nicht lebensfähig wären, sagte Röspel.

Seine Position trugen unter anderen Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) und die Grünen-Abgeordnete Priska Hinz mit. Doch erhielt sie in der entscheidenden Abstimmung nur 58 Stimmen.

Für die Abstimmung war der sogenannte Fraktionszwang aufgehoben worden - das heißt, jeder Abgeordnete kann unabhängig von einer Parteilinie nur seinem Gewissen entsprechend entscheiden.