In der Sache bietet Trump den Zuhörern wenig Neues. „Kein Präsident hat im ersten halben Jahr so  viel erreicht“, behauptet er. Stolz preist er die Zahlen vom Arbeitsmarkt, die Rekordkurse der Börse und die Aufkündigung des transpazifischen Freihandelsabkommens. Dass für seine Steuerreform nur eine Ideenskizze vorliegt, der Senat gerade gegen seinen Willen schärfere Russland-Sanktionen beschlossen hat, täglich neue Berichte über merkwürdige Russland-Verbindungen seine Arbeit verfinstern und er mit seinem halben Kabinett über Kreuz liegt, erwähnt Trump nicht.

 

Überhaupt spielt die aktuelle Politik kaum eine Rolle. Eher beiläufig erwähnt Trump, dass die Gesundheitsreform nun eine erste Hürde in dem von seiner eigenen Partei dominierten Senat überwunden hat. „Glaubt ihr, das ist einfach? Das ist nicht einfach“, behauptet er und klopft sich quasi selbst auf die Schulter. Trotz der inhaltlichen Dürre kommt die Rede großartig an. Sie ist eine Mischung aus Beschwörung der amerikanischen Werte von Familie und Glauben, düsterer Beschreibung der Gefahren von Globalisierung, Terror und angeblichen Falschmeldungen sowie der strahlenden  Verheißung einer neuen Zeit. „Nach Jahrzehnten, in denen wir unsere Jobs an andere Länder verkauft haben, kümmern wir uns endlich um unsere Arbeiter“, verspricht Trump.

Die Russland-Kontakte? „Bullshit“

Auf der Bühne ist der einstige Reality-TV-Star in seinem Element. Er zieht Grimassen, macht Kunstpausen und spielt mit dem Publikum. Vergnügt verfolgt er, wie zwei Störer von der Polizei unsanft von den Zuschauerrängen geschleppt werden. „Wo zum Teufel kommen die denn her?“, amüsiert er sich. Und dann ist da noch Gino DeFabio. Trump hat den beleibten Anhänger morgens im Fox-Frühstücksfernsehen gesehen, als er auf der Straße interviewt wurde. Flugs wurde der Mann zur Kundgebung geladen. Dort kann er nun in einer Art Werbeblock mitten in der Trump-Rede den Präsidenten loben.

Nach einer Stunde ist die Show vorbei. Cathleen Eansic, die Mitarbeiterin einer Telefongesellschaft, ist zufrieden: „Ich mag alles, was er sagt. Er ist ein erfolgreicher Geschäftsmann, kein Politiker. Niemand kann ihn kaufen.“ Aber was ist mit seinen merkwürdigen Russland-Kontakten, die in Washington für viel Wirbel sorgen? Jetzt mischt sich Vater Leonhard, ein Farmer, entschieden in das Gespräch ein. „Bullshit“, lautet sein unmissverständlicher Kommentar. Wer eine andere Meinung hören will, muss die Halle verlassen. Auf der anderen Straßenseite sitzen zwei Frauen auf Klappstühlen. Becky Moore kann mit ihren dick aufgequollenen  Beinen nur noch mühsam laufen. „Rettet Obamacare“, steht auf dem Schild, das sie den Trump-Fans entgegenhält. Ihre Freundin Lisa McKee fordert auf einem Plakat gar die Amtsenthebung Trumps: „Der einzige Anzug, in dem ich ihn sehen möchte, ist ein orangefarbener Gefängnis-Overall“, sagt die Rentnerin. An diesem Abend wirkt es nicht, als würde ihr Wunsch bald in Erfüllung gehen.